Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607865
Poster
Bindung, Wochenbett, Stillen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zeitpunkt der Wiederaufnahme und Häufigkeit sexueller Aktivität nach der Geburt im Zusammenhang mit geburtsassoziierten körperlichen Beschwerden

AL Rütten
1   Hochschule für Gesundheit, Hebammenwissenschaft, Bochum, Germany
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Publication History

Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Fragestellung:

Die Sexualität eines Menschen beeinflusst seine Lebensqualität und sein Wohlbefinden maßgeblich. Im Leben einer Frau verändert sich die Sexualität stetig, nach der Geburt eines Kindes kann es bedingt durch physische, psychische und soziale Faktoren zu Störungen im Sexualleben der Frau kommen. Eine mangelnde Studienlage zum Einfluss geburtsassoziierter Schmerzen und Beschwerden war der Ausgangspunkt für diese Untersuchung. Es sollen Zusammenhänge zwischen physischen Beschwerden und der sexuellen Funktion von Frauen nach der Geburt eines Kindes untersucht werden. Schwerpunktmäßig wird betrachtet, ob es einen Zusammenhang zwischen körperlichen Beschwerden und dem Zeitpunkt der Wiederaufnahme sowie der Häufigkeit der sexuellen Aktivität postpartal gibt.

Methode:

Im Rahmen einer Bachelorarbeit wurden in einer retrospektiven Querschnittsstudie Daten mittels Onlinefragebogen erhoben. Der Fragebogen enthielt eine Sequenz zu körperlichen Beschwerden und erfasste über eine vierstufige Likert Skala, wie sehr sich die Betroffenen durch diese Beschwerden in ihrem Sexualleben beeinträchtigt fühlten. Außerdem wurde über den SAQ (Sexual Activity Questionnaire) (Thirlaway et al., 1996) Daten über das Sexualleben der letzten vier Wochen erfasst. Die Datenanalyse erfolgte mit SPSS Statistics 22. Mittels einfacher t-tests wurden Mittelwerte verglichen und mit der Berechnung von Korrelationskoeffizienten Zusammenhänge dargestellt.

Ergebnisse:

In einem Zeitraum von drei Wochen wurden n = 758 Datensätze generiert. Es gibt signifikante Zusammenhänge zwischen Beschwerden durch Geburtsverletzungen und dem Zeitpunkt Wiederaufnahme des Sexuallebens nach einer Geburt (p < 0,05).

Neben den Beschwerden durch Geburtsverletzungen zeigten sich weitere körperliche Beeinträchtigungen, wie Nacken- und Rückenschmerzen, wunde Brustwarzen oder Hämorrhoiden, durch die Frauen sich in ihrem Sexualleben beeinträchtigt fühlten. Es besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Anzahl der körperlichen Beschwerden und dem Zeitpunkt, zu dem Frauen nach der Geburt ihr Sexualleben wieder aufnehmen (Kor 0,104, p = 0,004). Je mehr körperliche Beschwerden auftreten, desto später hatten die Befragten wieder Geschlechtsverkehr, unabhängig vom Grad der Beeinträchtigung, die aus den Beschwerden resultierte.

Schlussfolgerung:

Beeinträchtigungen im Sexualleben nach der Geburt entstehen nicht nur aus geburtsbedingten Verletzungen, sondern auch durch viele weitere körperliche Veränderungen und Beeinträchtigungen, die im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit entstehen können.

Hebammen und Ärzt*innen, die in der Primärversorgung von Frauen in der reproduktiven Lebensphase tätig sind, sollte über Risikofaktoren und Therapieansätze sexueller Funktionsstörungen sowie anhaltender körperlicher Beschwerden nach der Geburt Bescheid wissen, Befunde in diesen Bereichen gewissenhaft bei allen Frauen erheben und diese bei Bedarf an weiterbehandelnde Fachstellen vermitteln.