Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607759
Poster
Fetale Überwachung (Auskultation, CTG, Dopplersonografie)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einschätzung der fetalen autonomen Reifung anhand der automatisierten Analyse von Herzfrequenzmustern

S Leibl
1   Universitätsklinikum Jena, Klinik für Geburtsmedizin, Arbeitsbereich Pränatale Diagnostik und Fetale Physiologie, Jena, Germany
,
U Schneider
1   Universitätsklinikum Jena, Klinik für Geburtsmedizin, Arbeitsbereich Pränatale Diagnostik und Fetale Physiologie, Jena, Germany
,
A Pytlik
2   Universitätsklinikum Jena, Hans-Berger-Klinik für Neurologie, Biomagnetisches Zentrum, AG Systemanalyse, Jena, Germany
,
A Schmidt
2   Universitätsklinikum Jena, Hans-Berger-Klinik für Neurologie, Biomagnetisches Zentrum, AG Systemanalyse, Jena, Germany
,
D Friedmann
2   Universitätsklinikum Jena, Hans-Berger-Klinik für Neurologie, Biomagnetisches Zentrum, AG Systemanalyse, Jena, Germany
3   Technische Universität Ilmenau, Ilmenau, Germany
,
J Haueisen
3   Technische Universität Ilmenau, Ilmenau, Germany
,
P van Leeuwen
4   Universität Witten/Herdecke, Grönemeyer Institut für Mikrotherapie, Abteilung für Biomagnetismus, Bochum, Germany
,
D Hoyer
2   Universitätsklinikum Jena, Hans-Berger-Klinik für Neurologie, Biomagnetisches Zentrum, AG Systemanalyse, Jena, Germany
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Fragestellung:

Das fetale Herzfrequenzmuster ist ein Spiegel der Regulationsfähigkeit des autonomen Nervensystems (ANS), die in utero einem Reifungsprozess unterliegt. Dieser folgt den universellen Reifungsprinzipien: Zunahme von Fluktuationsamplitude, Komplexität und Herausbildung von Mustern [1]. Bisher nutzten wir die statistische Information der fetalen Schlag-zu-Schlag-Herzfrequenzvariabilität (fHRV), um in Form des sogenannten ‚fetal Autonomic Brain Age Scores (fABAS)‘ eine Reifungseinschätzung des ANS vorzunehmen, die aus pragmatischen Gründen auf das Gestationsalter (GA) angelernt wurde. Ziel dieser Studie ist, mittels automatisierter Analyse typischer Herzfrequenzmuster diese Reifungseinschätzung vorzunehmen. Dabei sollen der aktuelle fetale Aktivitätszustand und methodische Aspekte (Daten unterschiedlicher Herkunft und Aufzeichnungslänge) berücksichtigt werden.

Methodik:

Grundlage der Analyse sind standardisiert erhobene Aufzeichnungen der fetalen Magnetokardiografie (fMKG) (19 – 41 SSW) aus Jena (288 Fälle, 99 Feten, 30 min, daraus 282 Fälle, 5 min zum Vergleich) und Bochum (282 Fälle, 94 Feten, 5 min) gesunder Feten. Der Algorithmus wurde zuvor an 680 fMKGs aus Jena angelernt [2]. Er unterscheidet Akzelerationen, Dezelerationen, Baseline-Aktivität und Grundaktivität, berechnet einen ‚fABAS-pattern-score‘ (fABASps) sowohl für das vollständige fMKG (non-class) als auch für definierte vorliegende Aktivitätszustande. Hier trifft er eine automatisierte Entscheidung (ruhig-aut/aktiv-aut). Diese wird mit einer dazu verblindeten visuellen Klassifikation verglichen (ruhig-vs/aktiv-vs). Der Vergleich der 5er Matrix erfolgte anhand der Standardfehler des Regressionsmodells mittels Wilcoxon-Test.

Ergebnisse:

Die höchste Präzision fand sich für fABASps_non-class (SE 3,12, R2= 0,67) und fABASps_aktiv-vs (SE 3,11, R2= 0,64) die geringste für fABASps_ruhig-aut (SE 3,67 R2 = 0,60; p = 0,001 vs. fABASps_non-class). Die automatisierte Klassifikation ruhiger Aktivität gelang präziser (ruhig-aut vs. ruhig-vs, p = 0,887; aktiv-aut [SE 3,49, R2= 0,53] vs. aktiv-vs, p < 0,0001). Die Reduktion der Aufzeichnungslänge auf 5 min verschlechtert, wie erwartet, die Performance des Algorithmus.

Schlussfolgerung:

Reifungseinschätzungen der fetalen autonomen Funktion sind nicht nur mittels fHRV möglich, für deren optimale Auflösung eine elektrophysiologische Aufzeichnungsmethode erforderlich ist, sondern auch anhand der automatisierten Analyse der Herzfrequenzmuster, die typischerweise bei der klinischen Beurteilung von CTGs visuell extrapoliert werden. Während die fHRV allerdings auch bei sehr kurzen Zeitreihen zufriedenstellende Ergebnisse liefert [3], bedarf es für das hier vorgestellte Verfahren einer adäquaten Aufzeichnungsdauer analog dem standardisierten CTG.

Literatur:

[1] Hoyer et al. PLoSOne, 2013

[2] Friedmann D, Masterarbeit 2016

[3] Hoyer et al. Phys Meas 2015