Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607747
Poster
Klinisch praktische Geburtshilfe (Vaginale Geburt, Sektio, Notfälle)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Dekubitus nach Spontangeburt?!

W Eichholz
1   Klinik Hallerwiese Nürnberg, Gynäkologie und Geburtshilfe, Nürnberg, Germany
,
B Landsleitner
2   Klinik Hallerwiese Nürnberg, Anästhesie, Nürnberg, Germany
,
H Roth
3   Klinik Hallerwiese Nürnberg, Allgemein- und Viszeralchirurgie, Nürnberg, Germany
,
F Kainer
1   Klinik Hallerwiese Nürnberg, Gynäkologie und Geburtshilfe, Nürnberg, Germany
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Publication History

Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Fragestellung:

Das Vorkommen unterschiedlichster (harmloser/physiologischer sowie krankhafter schwangerschaftsspezifischer) Hautveränderungen im Verlauf der Schwangerschaft ist hinreichend bekannt. Hautreaktionen unter der Geburt selbst sind dagegen sehr selten. In der Literatur finden sich vereinzelt Beispiele zum Vorkommen einer toxischen epidermalen Nekrose (TEN), die allerdings in den beschriebenen Fällen nicht erst unter der Geburt auftrat, sondern Auslöser für eine Fehl- bzw. Frühgeburt war.

In unserer Klinik traten unter Spontangeburt ausgeprägte gluteale blasenbildende Hautläsionen bei Schwangeren auf, die zuvor keine schwangerschaftsspezifischen Vorschädigungen der Haut boten sowie eine toxische Genese sicher ausgeschlossen werden konnte.

Methodik/Ergebnis:

Von Dezember 2015 bis Oktober 2016 kam es in unserem Kreißsaal in drei Fällen zu ausgeprägten schmerzhaften blasenbildenden Hauterosionen im Glutealbereich nach Spontangeburt mit Periduralanästhesie (PDA). Vorausgegangen war jeweils ein unkomplizierter Geburtsverlauf. Es handelte sich um Geburten zwischen 39 und 40 SSW, das Alter der Schwangeren betrug 22, 38 und 39 Jahre. Bei zwei der Patientinnen fielen die Hautveränderungen noch vor der Entbindung auf. Gemeinsam ist allen Fällen die ähnliche Lokalisation kranial und bilateral der Analfalte sowie das Auftreten der Läsionen im Geburtsverlauf jeweils nach PDA-Versorgung. Im eindrücklichsten Fall kam es zu einer ca. 20 × 5 cm großen, offenen, teilw. nekrotischen glutealen Hautläsion, entsprechend eines Dekubitus II°, mit einem Nachversorgungsaufwand über knapp 3 Monate in unserer chirurgischen Ambulanz.

Diskussion:

Blasenbildende (Spannungsblasen, Brandblasen) bzw. tief-erosierende Hautläsionen unter Spontangeburt sind in der Literatur bisher kaum beschrieben. Die bei uns aufgetretenen Wunden sind eindeutig im Zusammenhang mit der Geburt zu sehen. Wie wären sie vermeidbar gewesen?

Als Ursache grundsätzlich ausschließen können wir eine zugrundliegende toxische Dermatose sowie eine Verbrennung infolge einer elektrochirurgische Handlung (Stromableitungsschaden). Gegen einen alleinigen Lagerungsschaden bei in unseren Fällen nicht vorgeschädigter Haut spricht der dafür viel zu kurze Entstehungszeitraum der Wunden. Eine Verätzung durch das von der Anästhesie im Kreiß- sowie Op-Saal gleichermaßen bei der PDA-Anlage angewandte Desinfektionsmittel kann nicht alleinige Ursache sein, da derartige Fälle außerhalb des Kreißsaales nicht beschrieben sind.

Schlussfolgerung:

In der Zusammenschau gehen wir abschließend von der Entstehung der Hautveränderungen durch das ungünstige Zusammenspiel von eingeschränkter Mobilität nach PDA sowie einem über längere Zeit aufrechterhaltenden feuchten Hautmilieu unter dem CTG-Gurt (entstanden durch ein Desinfektionsmitteldepot im Rahmen der PDA-Anlage) aus. Es scheint daher wichtig zu sein, dass die Haut nach Desinfektion trocken ist, um Hautläsionen zu vermeiden.