Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607713
Poster
Klinisch praktische Geburtshilfe (Vaginale Geburt, Sektio, Notfälle)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Assoziation zwischen Geburtsverletzungen und postpartal erlebten Beschwerden bei Frauen nach vaginaler Geburt

N Kimmich
1   Universitätsspital Zürich, Klinik für Geburtshilfe, Zürich, Switzerland
,
V Grauwiler
1   Universitätsspital Zürich, Klinik für Geburtshilfe, Zürich, Switzerland
,
A Richter
1   Universitätsspital Zürich, Klinik für Geburtshilfe, Zürich, Switzerland
,
R Zimmermann
1   Universitätsspital Zürich, Klinik für Geburtshilfe, Zürich, Switzerland
,
M Kreft
1   Universitätsspital Zürich, Klinik für Geburtshilfe, Zürich, Switzerland
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Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. Oktober 2017 (online)

 

Fragestellung:

Bei 50 – 91,5% aller Geburten treten bei Frauen Geburtsverletzungen auf. Damit können physische und psychische Beeinträchtigungen einhergehen und immense sozio-ökonomische Konsequenzen entstehen. Nicht selten treffen Geburtshelfer und Hebammen auf Ablehnung einer vaginalen Geburt und dem Wunsch nach primärer Sectio caesarea. Es ist jedoch wenig bekannt über die Auswirkung anderer Geburtsverletzungen ausser höhergradiger Dammrisse auf die subjektiv erlebte Gesundheit betroffener Frauen. Ziel unserer Studie war daher die Evaluation der Lokalisation der erlittenen Geburtsverletzungen sowie das damit verbundene subjektive Empfinden der betroffenen Frauen, um Frauen hinsichtlich der Konsequenzen vaginaler Geburten besser beraten zu können.

Methodik:

Von Februar 2015 bis Dezember 2016 führten wir am Universitätsspital Zürich eine prospektive Observationsstudie an 140 Frauen (20 – 43 Jahre) durch, welche zwischen 37+0 und 42+1 SSW einen Einling aus Schädellage gebaren und dabei eine Geburtsverletzung erlitten. Outcomeparameter waren die Anzahl und Verteilung verletzter genitaler Kompartimente sowie die objektiv ermittelte und subjektiv empfundene Übereinstimmung diesbezüglich. Hierzu wurde das Genitale in 8 Kompartimente untergeteilt. Zusätzlich wurde der Effekt der erlittenen Verletzungen auf die subjektive maternale Gesundheit mittels Fragebögen 1 – 4 Tage sowie 6 – 8 Wochen postpartal erfasst. Ermittelt wurden hierbei u.a. verschiedene genitale Beschwerden, Miktions- und Defäkationsbeschwerden sowie die psychische Beeinträchtigung.

Ergebnis:

1 – 4 Tage postpartal betrug die Anzahl verletzter Kompartimente objektiv 1,33 und subjektiv 2,99, was sich subjektiv 6 – 8 Wochen postpartal auf 1,27 reduzierte. Das häufigste betroffene Kompartiment war hierbei das rechtsseitige Perineum (in 73% der Frauen). Eine Übereinstimmung fand sich in 83% 1 – 4 Tage und in 69% 6 – 8 Wochen postpartal. Die Beeinträchtigung der Frauen durch die erlittenen Verletzungen war generell jedoch gering und v.a. nach 6 – 8 Wochen kaum noch vorhanden, v.a. auf physischer Ebene. Die häufigsten beschriebenen Beeinträchtigungen waren Brennen/Schmerzen im Genitalbereich beim Sitzen (bis 83%) und Laufen (bis 66%), Brennen/Schmerzen bei Miktion (bis 54%) sowie eine Urininkontinenz bereits während der Schwangerschaft (49%) mit einer Persistenz von bis zu 34% nach 6 – 8 Wochen. Zusätzlich zeigte sich, dass Frauen sich bereits in den ersten Tagen des Wochenbetts (63%) sowie persistierend am Ende der Wochenbettzeit (30%) gedanklich immer wieder mit dem Thema „Geburtsverletzungen“ beschäftigen.

Schlussfolgerung:

Zumeist ist das rechtsseitige Perineum von Geburtsverletzungen betroffen. Die Beeinträchtigung der Frauen ist insbesondere auf physischer Ebene jedoch relativ gering und v.a. reversibel, sodass Frauen hinsichtlich Angst vor den negativen Auswirkungen einer vaginalen Geburt beruhigt werden können. Die Auswirkungen der Verletzungen auf psychischer Ebene sind jedoch zu beachten.