Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607711
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Klinisch praktische Geburtshilfe (Vaginale Geburt, Sektio, Notfälle)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Befragung von Experten und Expertinnen in Krankenhäusern nach dreijähriger Praxiserfahrung mit dem Expertinnenstandard Förderung zur physiologischen Geburt

U Posselt
1   HS Osnabrück, Osnabrück, Germany
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Publication History

Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Hintergrund:

Mehr als 98 Prozent aller Kinder in Deutschland kommen in einem Krankenhaus zur Welt. Die derzeit sozialgesetzlich festgelegte Qualitätssicherung in Krankenhäusern orientiert sich vordergründig an einer Risikominderung und weniger an der Gesundheitsförderung. Aus diesem Grund wurde für die Berufsgruppe der Hebammen der „Expertinnenstandard Förderung der physiologischen Geburt“ als evidenzbasiertes, monodisziplinäres Qualitätsinstrument entwickelt, um physiologische Geburtsprozesse hinsichtlich der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität zu verbessern und zu optimieren.

Ziel:

Drei Jahre nach dessen modellhafter Implementierung in deutschen Kreißsälen wurden erstmals die Herausforderungen und Erfahrungen in der Arbeit mit dem Expertinnenstandard in Form von leitfadengestützten Experteninterviews untersucht.

Methodik:

Die Datenerhebung erfolgte qualitativ mittels eines teilstrukturierten Interviewleitfadens. Zielgruppe der Untersuchung waren Hebammen, Projektverantwortliche und Ärzte aus Krankenhäusern, die an der modellhaften Implementierung von Oktober 2013 bis April 2014 teilgenommen haben. Die Stichprobe umfasste acht Interviewpartner (n = 8) aus insgesamt fünf Einrichtungen (n = 5). Die Daten wurden durch eine qualitative Inhaltsanalyse ausgewertet.

Ergebnisse:

Es ergaben sich zwei Hauptkategorien: 1) Faktoren, die sich auf die Implementierung auswirken und 2) Folgen der Implementierung. Diese lassen sich in jeweils vier Unterkategorien unterteilen. Einflussnehmende Aspekte im Prozess der Implementierung waren Institutionsimmanente Voraussetzungen, die Einstellung des geburtshilflichen Teams zum Expertinnenstandard und zum Implementierungsprozess, die aktive Umsetzung und die individuelle Beurteilung des Gebärprozesses. Die Folgen der Implementierung waren in verändertem Verhalten des geburtshilflichen Klientels sowie in den Geburtsverläufen sichtbar, weitere Auswirkungen waren auf der Ebene der Institution sowie bei den Mitarbeitern spürbar.

Diskussion:

Für eine erfolgreiche und dauerhafte Implementierung des „Expertinnenstandards Förderung der physiologischen Geburt“ ist die Position des Facilitators ausschlaggebend. Unterstützt durch eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit, ein motiviertes, selbstreflektiertes geburtshilfliches Team und das Akzeptieren von evidenzbasiertem Wissen stellt der Standard eine Möglichkeit dar, die Qualität in der Geburtshilfe durch eine Förderung des Physiologischen zu optimieren.

Anmerkung:

Diese Forschungsarbeit ist im Rahmen einer Bachelorarbeit im Studiengang Midwifery (B.Sc.) an der Hochschule Osnabrück, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften entstanden. Die Erst- und Zweitprüfer für dieses Projekt waren Frau Prof. Dr. Friederike zu Sayn-Wittgenstein-Hochenstein und Dipl.-Pflegewirtin (FH) Frau Petra Blumenberg.