Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607667
Vorträge
Klinisch praktische Geburtshilfe I
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Praxis der Geburtseinleitung in Kliniken der deutschsprachigen Länder (D-A-CH Region) aus der Perspektive der Hebamme – quantitative Datenanalyse

C Schwarz
1   fhg Innsbruck, Masterstudiengang Advanced Practice Midwifery, Innsbruck, Austria
,
G Schmidt
2   Fachhochschule Salzburg, Masterlehrgang Salutophysiologie, Salzburg, Austria
,
W Rath
3   Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Germany
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Fragestellung:

In Deutschland werden 22% aller Geburten eingeleitet, in über 95% der Fälle kommen Medikamente (Misoprostol, Dinoproston oder Oxytocin) zur Anwendung. In den deutschsprachigen Ländern gibt es dazu keine nationale Leitlinie, das Vorgehen in den Geburtskliniken ist heterogen, ein systematisches nationales Monitoring findet nicht statt. Diese Umfrage hat die Zielsetzung, die Erfahrungen und Beobachtungen von Hebammen mit Geburtseinleitungen und die aktuelle Praxis in den Geburtskliniken der deutschsprachigen Länder zu evaluieren.

Methodik:

Online Fragebogen für Hebammen in allen geburtshilflichen Settings in D-A-CH von 8/2015 – 1/2017. Die Auswertung der quantitativen Daten erfolgt mittels SPSS Version 21. 413 Hebammen nahmen an der Umfrage teil; einzelne Fragen konnten übersprungen werden. Über die qualitativen Ergebnisse wird an anderer Stelle berichtet.

Ergebnis:

Von den Befragten waren 73% (n = 287) im Kreißsaal als angestellte Hebammen tätig, 17% (n = 66) als Beleghebammen; 41% (n = 159) arbeiten in der Vorsorge und Wochenbettbetreuung (n = 392, Mehrfachnennung möglich). Die Hebammen beschreiben Einleitungsraten (n = 180) von durchschnittlich 27,5% (0 – 80%, SD 13,6) und eine Sectiorate (n = 266) von 30,5% (0 – 70%, SD 8,3). 43,8% der Hebammen (n = 336) beobachteten bei Geburtseinleitungen schwere Komplikationen (Uterusruptur, vorzeitige Plazentalösung, fetale Notlage, Atonie), weitere 202 Hebammen (60%) berichteten von starken Schmerzen, uteriner Überstimulation oder transienten CTG Pathologien. In den meisten Regionen (n = 319) ist Misoprostol als Tablette (Cytotec) das bevorzugte Mittel zur Einleitung sowohl bei unreifem (48%), als auch bei reifem Befund (36%), wenn es sich um die erste Geburt handelt; bei Mehrgebärenden mit reifer Zervix kommt eher Oxytocin zum Einsatz (41%). Cytotec wird in 40,4% der Kliniken im Kreißsaal per Hand zerteilt, 59,6% der Kliniken lassen sich die Tabletten von der Apotheke portionieren (n = 193). 3% (n = 10) der Befragten gaben an, dass Cytotec trotz bekannter Kontraindikation auch nach vorausgegengener Sectio eingesetzt wird. Die Anwendung von Cytotec (n = 196) wird bevorzugt oral vorgenommen, wobei etwa jeweils die Hälfte der Kliniken 25mcg (51,7% bei Erstgebärenden, 49,3% bei Mehrgebärenden) oder 50 mcg (46,2% bei Erstgebärenden, 48,7% bei Mehrgebärenden) als Erstdosis verwenden. Eine Steigerung der Dosis erfolgt bei 89% der Befragten, meist (76%) nach vier Stunden. Ein Mispoprostol Vaginalinsert wird in 36% der Kliniken eingesetzt. (n = 242).

Schlussfolgerung:

Die Praxis der Geburtseinleitung ist in ihrem Procedere in den deutschsprachigen Ländern sehr uneinheitlich. Es bestehen Unklarheiten oder (Rechts)unsicherheit bei der Anwendung von Cytotec. Um eine evidenzbasierte Empfehlungsgrundlage zu finden, müssen Einleitungen inklusive aller relevanten Outcomes systematisch erfasst und evaluiert werden. Zu fordern ist eine aktuelle Leitlinie zur Geburtseinleitung auch in Deutschland mit evidenz-basierten Empfehlungen.