Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607653
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Den Kaiserschnitt vermeiden – eine qualitative Analyse relevanter Faktoren aus Sicht von Hebammen, Ärztinnen und Ärzten in Kreißsälen mit unterdurchschnittlichen Kaiserschnittraten

A Bosch
1   Klinikum Stuttgart, Stuttgart, Germany
,
N Knape
2   Hochschule Ludwigshafen am Rhein, Ludwigshafen, Germany
,
L Beckmann
3   Hochschule 21, Buxtehude, Germany
,
S Hähner-Rombach
4   Institut für Geschichte der Medizin, Stuttgart, Germany
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Fragestellung:

Im Jahr 2015 wurde in Deutschland bei 31,4% der Geburten ein Kaiserschnitt durchgeführt. Die Kaiserschnittraten in den einzelnen geburtshilflichen Abteilungen variieren von 6,8% bis 69% (IQTiG 2016). Unterschiedliche Vorgehensweisen der Geburtshelfer/-innen haben einen erheblichen Einfluss auf den Anteil an Kaiserschnittgeburten. Einige geburtshilfliche Abteilungen erreichen eine deutlich unterdurchschnittliche Kaiserschnittrate. Es stellt sich die Frage welche einrichtungstypischen oder individuellen Vorgehensweisen der Geburtshelfer/-innen, hier sind auch die Hebammen eingeschlossen, dazu beitragen Kaiserschnitte zu vermeiden.

Methode:

Es wurde ein qualitatives Design gewählt. In leitfadengestützen Experteninterviews (Bogner, Littig, & Menz, 2014) werden an sieben Kliniken im Bundesgebiet mit Kaiserschnittanteilen um 20%, unter der fünften Perzentile aller geburtshilflichen Abteilungen, dort tätige Hebammen und für die Geburtshilfe verantwortliche Ärzte und Ärztinnen befragt. Die Interviews werden elektronisch aufgezeichnet, transkribiert und inhaltsanalytisch nach Mayring (Mayring, 2015) ausgewertet.

Ergebnisse:

Die aus Sicht der Befragten relevanten Faktoren zur Vermeidung von Kaiserschnitten sind:

  • Hohe Fachkompetenz, bestehend aus den Elementen Wissen, handwerkliche Fähigkeiten, Erfahrung, Geduld und Übernahme von Verantwortung.

  • Wir sind ein Team, ärztliche Geburtshelfern und Hebammen teilen die gleichen Werte, die Zusammenarbeit ist geprägt von Vertrauen, die Zuständigkeiten sind geregelt.

  • Frau-zentrierte Betreuung, mit den Unterkategorien Kommunikation, Zuwendung und Gestaltung der Betreuung.

  • Hinwendung zur natürlichen Geburt, drückt sich aus in Überzeugung, Empfehlen und Fördern, Bekannt machen und Entschiedenheit.

Schlussfolgerungen:

Die Kaiserschnittrate in einem Kreißsaal wird beeinflusst von den Überzeugungen und Vorgehensweisen der dort Tätigen. Die Kreißsäle mit Kaiserschnittraten unter der fünften Perzentile zeigen darin typische Gemeinsamkeiten. Entscheidend ist das Ziel, möglichst viele Frauen normal zu entbinden und die Überzeugung, dass das der beste Weg für Mutter und Kind ist. Die Geburtshelfer/-innen und Hebammen verfügen über hohe Fachkompetenz und betreuen jede Frau individuell. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die Identifikation als ein geburtshilfliches Team ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Die Kompetenzen sind klar zwischen den Berufsgruppen geregelt. Die gemeinsamen Werte und Ziele schaffen die Vorraussetzung für eine gute Teamarbeit.