Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(08): 904-916
DOI: 10.1055/s-0037-1606173
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Effekte von Blutverlusten auf das Gerinnungssystem in der Geburtshilfe

S Tchaikovski
1   Universitätsfrauenklinik Magdeburg, Otto von Guericke Universität Magdeburg
3   Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin, Uniklinik RWTH Aachen
,
MCLG Thomassen
2   Dept. of Biochemistry, CARIM, Maastricht University, Maastricht, The Netherlands
,
T Hackeng
2   Dept. of Biochemistry, CARIM, Maastricht University, Maastricht, The Netherlands
,
SD Costa
1   Universitätsfrauenklinik Magdeburg, Otto von Guericke Universität Magdeburg
,
E Stickeler
3   Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin, Uniklinik RWTH Aachen
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Publication History

Publication Date:
24 August 2017 (online)

 

Einleitung/Falldarstellung:

Die venösen Thrombosen und Lungenembolien sind führende Ursachen schwangerschaftsbedingter Morbidität und Mortalität. Im Vergleich zur Schwangerschaft steigt das Thromboserisiko postpartal 5-fach und wird weiter durch eine Sectio caesarea sowie einen vermehrten Blutverlust erhöht. Die Mechanismen der Entwicklung eines prothrombotischen Zustandes bei vermehrtem Blutverlust sind bis dato unklar.

Methodik/Material:

Die Funktion des Gerinnungssystems sowie der wichtigsten Gerinnungshemmer-Pathways wurden mittels Thrombingenerierung-basierten Assays in den prä- und postoperativen Blutproben von 50 Schwangeren (Alter 30,7 ± 4,4 Jahre) in der 38,5 ± 0,7 SSW untersucht, welche sich zu primärer Sectio caesarea in der UFK Magdeburg vorstellten. Der Blutverlust wurde subjektiv und objektiv (Auswiegen der OP-Tücher/Sauger-Inhalt und „one-compartmental biometric method“) evaluiert und mit den Veränderungen im Gerinnungssystem korreliert.

Resultate/Ergebnisse:

Der intraoperative Blutverlust führte zu einer geringen Absenkung des Endogenes Thrombin Potenzials (ETP) von Plasma: ΔETP -4% (95%CI: -4%;-2%) unmittelbar postoperativ und -5% (95%CI: -7%;-2%) in 6 Stunden. Im Gegensatz stieg das ETP in der Anwesenheit vom aktivierten Protein C (APC) signifikant an: ΔETP+APC 54% (95%CI: 28%; 80%), 6 Stunden postoperativ: 96% (95%CI: 48%;144%). Veränderungen im Gerinnungssystem schienen progredient in Subgruppen mit dem postoperativen Hb-Abfall < 10%; 10 – 20%, > 20% zu sein. Beide objektive Methoden der Blutverlustmessung zeigten eine gute Korrelation (Pearson Koeffizient = 0,56), korrelierten jedoch nicht mit subjektiver Blutverlustschätzung.

Schlussfolgerung/Zusammenfassung:

Die milde postoperative ETP-Minderung reflektiert eine Senkung/Normalisierung der präpartal erhöhten Gerinnungsfaktoren. Der ETP+APC-Anstieg weist auf eine Funktionsbeeinträchtigung von den bereits in der Schwangerschaft erniedrigten Gerinnungshemmer (Protein S, tissue factor pathway inhibitor und APC) hin. Dadurch entsteht ein ausgeprägter Gerinnungshemmer-Mangel, welcher die Thromboserisiko-Erhöhung nach der Sectio caesarea mit erhöhtem Blutverlust erklären kann.