Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(08): 904-916
DOI: 10.1055/s-0037-1606168
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der FMR1 CGG-Genotyp beeinflusst die granulosazelluläre FMR1 Expression bei Frauen mit Poor Ovarian Response

J Rehnitz
1   Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Heidelberg
,
DD Alcoba
2   Laboratório de Biologia Molecular Endócrina e Tumoral, Instituto de Ciências Básicas da Saúde, Departamento de Fisiologia – Universidade Federal do Rio Grande do Sul, 90050 – 170 Porto Alegre, Brazil.
,
IS Brum
3   Laboratório de Biologia Molecular Endócrina e Tumoral, Instituto de Ciências Básicas da Saúde, Departamento de Fisiologia – Universidade Federal do Rio Grande do Sul, 90050 – 170 Porto Alegre, Brazil
,
JE Dietrich
1   Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Heidelberg
,
K Hinderhofer
1   Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Heidelberg
,
A Freis
1   Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Heidelberg
,
A Germeyer
1   Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Heidelberg
,
T Strowitzki
1   Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Heidelberg
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
24. August 2017 (online)

 

Einleitung/Falldarstellung:

Das FMR1(Fragile X Mental Retardation1)-Gen ist ein X-chromosomales Gen, das in seinem Promotorbereich ein variables Basentriplett (CGG) enthält. Dieses bewegt sich normalerweise im Bereich um 30. Bei einer Repeatlänge (RL) > 200 (Vollmutation) kann das Krankheitsbild des Fragilen X Syndroms auftreten, während der Bereich von 54 – 200 RL als Prämutation (PM) bezeichnet wird, da er in der weiteren Vererbung instabil werden und zur Vollmutation führen kann. Interessanterweise leiden ˜20% der von einer PM betroffenen Frauen an einer Premature-Ovarian-Insufficiency (POI), was FMR1 zu einem interessanten Gen der Follikulogenese macht, dessen Protein im weiblichen Ovar hauptsächlich in Granulosazellen lokalisiert ist. Mit steigender Repeatzahl im Prämutationsbereich wird eine Zunahme der FMR1-mRNA-Expression in peripherem Blut und Granulosazellen beschrieben.

Aber auch Repeatlängen (RLs) vor dem PM-Bereich (außerhalb des „Normbereiches“ von 26>n< 34) werden als Einflussfaktoren der ovariellen Reserve und des ovariellen Ansprechens diskutiert. Der Einfluss solcher aberranter, nicht prämutierter FMR1-RLs auf die granulosazelluläre FMR1-Genexpression ist bisher noch nicht evaluiert. Ziel unserer Arbeit war es nun zu analysieren, ob die CGG-RL bei Frauen mit unterschiedlichem Ansprechen auf eine ovarielle Stimulation die FMR1-Genexpression im weiblichen Ovar beeinflusst.

Methodik/Material:

Nach Aufklärung und Zustimmung zur Teilnahme wurde eine Gesamtzahl von 229 Frauen aus dem IVF/ICSI-Programm unserer Abteilung prospektiv eingeschlossen und anhand ihres ovariellen Ansprechens in 3 Gruppen unterteilt: 151 NOR (Normal Responder), 70 POR (Poor Responder nach Bologna-Kriterien), 8 PCO (Polyzystisches Ovar Syndrom nach Rotterdamm-Kriterien). Zudem erfolgte die Unterteilung der Patientinnen in 6 Genotyp-Subgruppen aufgrund ihrer biallelischen CGG-Repeatlänge in low/low, low/normal, normal/normal, normal/high, high/high und low/high andhand folgender Grenzwerte (RL< 26: low; RL 26 – 34: normal; 35 – 54: high). Ihre Klinischen Daten wurden mittels Fragebögen und Akteneinträgen ermittelt. Die Granulosazellen wurden während der folgenden Follikelpunktion gewonnen und die DNA/RNA mit Trizol® isoliert. Die CGG-Repeatlängendiagnostik erfolgte via ALF-Express-Sequence-Automat bzw. ABI 3100/3130xl-Sequencer und die quantitative RNA-Expressionsmessung über spezifische TaqMan-Gene-Expression-Aassays unter Verwendung der ΔΔCT Methode.

Resultate/Ergebnisse:

Poor responder (POR) mit einem heterozygot low/norm CGG Genotyp zeigten signifikant erhöhte FMR1-Expression-Profile in ihren Granulosazellen (p = 0,044) im Vergleich zu den anderen gemessenen Genotypen.

Schlussfolgerung/Zusammenfassung:

Diese erste keimbahnspezifische in vivo Analyse der FMR1-mRNA-Expression konnte eine potentielle Assoziation der FMR1-Genexpression mit unterschiedlichen CGG-Genotypen bei Poor Respondern detektieren.

Hierbei scheinen low-Allele per se das ovarielle Ansprechen auf eine Stimulation negativ zu beeinflussen oder vice versa das schlechtere Ansprechen möglicherweise durch eine beeinträchtigte Follikulogenese vorab verursacht zu sein, die Folge eines low-allel-Effekts mit erhöhten FMR1-Expressionleveln ist. Hierbei könnte der CGG-Repeat als translationsmodulierendes Element agierten und somit bei low-Allelen die Transkription von FMR1 in Poor Respondern induzieren.