Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(08): 904-916
DOI: 10.1055/s-0037-1606154
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Therapie und Überleben von Patientinnen mit Zervixkarzinom aus afrikanischen Krebsregistern

M Griesel
1   Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie u. Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
,
L Hämmerl
1   Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie u. Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
,
D Dzamatira
2   Radiotherapy Centre, Mpilo Teaching Hospital Bulawayo (Simbabwe)
,
A Korir
3   Nairobi Cancer Registry, Kenya Medical Research Institute (Kenia)
,
C Thomssen
4   Universitätsklinik und Poliklinik für Gynäkologie, Halle (Saale)
,
D Maxwell Parkin
5   African Cancer Registry Network, Oxford (Großbritannien)
,
EJ Kantelhardt
1   Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie u. Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
4   Universitätsklinik und Poliklinik für Gynäkologie, Halle (Saale)
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Publication History

Publication Date:
24 August 2017 (online)

 

Einleitung/Falldarstellung:

Das Zervixkarzinom hat südlich der Sahara eine große Bedeutung in der gynäkologischen Onkologie (Inzidenz bis 42/100.000, häufigstes Malignom bei Frauen). Bisher fehlt eine populationsbezogene Untersuchung der Stadien, Therapie und deren Einfluss auf das Überleben in diesen Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen (LMICs). Die vorliegende Untersuchung kombinierte in einer Zusammenarbeit mit dem Afrikanischen Krebsregisternetzwerk (AFCRN) aus populationsbasierten Krebsregistern sollten Diagnose- und Therapiedaten aus sieben Registern in ganz Subsahara-Afrika erfasst werden.

Methodik/Material:

In sieben Krebsregistern in Äthiopien, der Elfenbeinküste, Kenia, Mali, Mosambik und Simbabwe wurden je 60 Patientinnen mit Zervixkarzinom identifiziert. An den jeweiligen Behandlungsorten erhoben ein Onkologe oder Gynäkologe und von ihm geschultes Personal aus den Krankenakten Diagnosedatum, Stadium, Gesamtüberleben sowie detaillierte Therapiedaten und prüften diese auf Plausibilität. Durch Anrufe wurden Angaben ergänzt und Überleben erfasst. Die Therapiequalität wurde nach Leitlinientreue, Vollständigkeit und verspätetem Beginn bewertet und Gründe für Abweichungen gruppiert.

Nun wurden der Einfluss des Stadiums und der Therapie auf das Überleben analysiert. Die Unterschiede innerhalb einer jeden Registerregion wurden abgebildet. Aber auch zwischen den verschiedenen Ländern, die sich u.a. hinsichtlich der ökonomischen Situation und der vorhandenen Therapiemodalitäten unterschieden, wurde verglichen.

Resultate/Ergebnisse:

Innerhalb eines Landes überleben diejenigen Patientinnen mit frühem Stadium und vollständiger, unverzüglicher Therapie am längsten. Zwischen Simbabwe ohne Strahlentherapie und Kenia mit Strahlentherapie gibt es große Unterschiede in der 5-Jahres-Überlebensrate (5-JÜR). In Simbabwe fielen aber auch höhere Stadien und besonders häufige Einschränkungen von Leitlinientreue und Vollständigkeit der Therapie aufgrund finanzieller Schwierigkeiten auf. Die Differenz der 5-JÜR zwischen dem ländlichen und städtischen Raum war ebenfalls zu sehen.

Unvollständiger Rücklauf bei der Aktensuche (gesamt: ca. 70%), lückenhafte Dokumentation und die allgemeine Schwierigkeit bei der Rekonstruktion von Krankengeschichten im retrospektiven Setting schränken die Aussagekraft der Ergebnisse ein.

Schlussfolgerung/Zusammenfassung:

In dieser populationsbezogenen Kohorte von 420 Patientinnen mit Zervixkarzinom aus sechs afrikanischen Ländern wurden Stadien, Therapiedaten und Überleben in etwa 70% der Fälle erfasst. Der hohe Anteil an fortgeschrittenen Stadien zeigt die dringende Notwendigkeit eines flächendeckenden Screenings auf. Patientinnen mit frühen Krankheitsstadien und vollständiger Therapie zeigten ein besseres Überleben.

Im subsaharischen Vergleich scheint die Verfügbarkeit von Strahlentherapie ein wesentlicher Einflussfaktor auf das schlechte Überleben von Zervixkarzinom-Patientinnen zu sein. Armut der Patientinnen führt ebenfalls zu schlechterem Überleben.

Die Förderung der populationsbezogenen Krebsregistratur und der epidemiologisch-klinischen Zusammenarbeit bei Forschungsvorhaben ist daher essentiell für ein besseres Verständnis des Zervixkarzinoms und seiner Therapie unter den ressourcenbeschränkten Umständen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.