Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1606018
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stress-Index anhand ambulanter Routine-Versorgungsdaten – ein Werkzeug zur individuellen Schätzung anhaltender psychischer Belastung

A Rouche
1   Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Versorgungsforschung und Risikostruktur, Berlin
,
M Erhart
1   Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Versorgungsforschung und Risikostruktur, Berlin
,
D Graf von Stillfried
1   Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Versorgungsforschung und Risikostruktur, Berlin
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Fragestellung:

Anhaltender Stress bedeutet ein erhöhtes Risiko für die frühzeitige Entwicklung altersbedingter Erkrankungen und das Auftreten psychischer Erkrankungen. Der von Patient zu Patient unterschiedliche Ausdruck dieser Belastung sollte daher für die Prävention berücksichtigt werden. Ziel der Arbeit ist, einen Index zu entwickeln, der die individuelle psychische Belastung widerspiegelt, so dass sich der Zusammenhang zwischen Stress, langhaltender psychischer Belastung und verschiedenen Krankheitsbildern untersuchen lässt.

Methoden:

400 ICD-Diagnosen geringen Schweregrades wurden aufgrund theoretischer und klinischer Überlegungen als Indikator für eine psychische Belastung ausgewählt und in 21 Kategorien gruppiert. Für jede Kategorie, in der mindestens eine Diagnose vorliegt, erhöht sich die Stress-Stufe eines Patienten um einen Punkt. Dieser Index wurde für die vertragsärztlichen Abrechnungsdaten aller gesetzlich Krankenversicherten für die Jahre 2008 – 2011 berechnet. Mittels Regression wurde der Zusammenhang untersucht zwischen der individuellen Stress-Ausprägung einerseits und andererseits dem Vorliegen psychischer Erkrankungen höheren Schweregrads bzw. der Inanspruchnahme medizinischer Leistung.

Ergebnisse:

Je höher die Stress-Stufe, desto wahrscheinlicher treten psychische Beschwerden auf. Die Prävalenz psychischer Diagnosen steigt im Jahr 2011 mit jeder Stress-Stufe im Schnitt um 37%. Bei Depression liegt die Steigung bei 41%. Zudem erhöht sich die gesamte Inanspruchnahme. So steigt die Anzahl aller gesicherten Diagnosen mit jeder Stress-Stufe im Schnitt um 40%. Die Ergebnisse der Längsschnitt-Analyse werden ebenfalls präsentiert.

Schlussfolgerungen:

Epidemiologisch eignet sich der Stress-Index als Prädiktor für die gesamte Inanspruchnahme und die Krankheitsprävention. In der Versorgung bieten sich die 21 Kategorien des Stress-Indexes als Checkliste an, anhand derer die Wahrscheinlichkeit psychischer Ursachen beschwerde-spezifisch eingeschätzt werden kann.