Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605968
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vegetationsintensität, Luftschadstoffe und inzidente Krebserkrankungen in der Wohnumgebung: eine semiökologische Analyse in Sachsen

F Tesch
1   Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, TU Dresden, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden
,
I Markevych
2   Helmholtz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Institut für Epidemiologie I, München
3   Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut und Poliklinik für Berufs-, Sozial- und Umweltmedizin, München
,
T Datzmann
1   Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, TU Dresden, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden
,
F Trautmann
1   Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, TU Dresden, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden
4   Nationales Centrum für Tumorerkrankungen, Standort Dresden, Dresden
,
J Schmitt
1   Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, TU Dresden, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden
5   Nationale Centrum für Tumorerkrankungen, Standort Dresden, Dresden
,
J Heinrich
3   Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut und Poliklinik für Berufs-, Sozial- und Umweltmedizin, München
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Fragestellung:

Hohe Luftschadstoffkonzentrationen können Krebs verursachen. Allerdings gibt es nur wenige Studien, die untersuchen ob eine hohe Vegetationsintensität vor Krebs schützen kann. Diese Studie analysiert die Assoziationen von Luftschadstoffexpositionen und Vegetationsintensität in der Wohnumgebung bei mehreren inzidenten Krebsformen.

Methoden:

Die Analyse basiert auf GKV-Routine Daten. Beobachtet werden Versicherte, die im Jahr 2007 eine Wohnadresse mit Postleitzahl in Sachsen haben und in den Jahren 2008 – 09 nicht an der Krebsform von Interesse erkrankt sind. Inzidente Fälle in den Jahren 2010 – 14 von weißem Hautkrebs, Mund- und Rachenkrebs, Darmkrebs, Brustkrebs und Prostatakrebs werden über stationäre und ambulante Daten der gesetzlichen Krankenversicherung ermittelt. Die Konzentration von Feinstaub (PM10), Stickstoffoxid (N02) sowie die Vegetationsintensität (NDVI) werden für alle vierstelligen Postleitzahlenbezirke in Sachsen berechnet. Zusammenhänge von Umweltfaktoren und Krebserkrankungen werden über ein Mehrebenenmodell geschätzt. Alter, Geschlecht und alkoholbedingte Störungen werden, wo sinnvoll, als Kontrollvariablen herangezogen.

Ergebnisse:

Insgesamt sind 1,91 Millionen Personen eingeschlossen worden. Es zeigen sich statistisch signifikant adverse Effekte für PM10 und N02, aber protektive Effekte für NDVI vor allem bei Krebs an Mund-und Rachen sowie weißem Hautkrebs.

Schlussforderungen:

Die Ergebnisse der Analyse legen nahe, dass die Vegetationsintensität zumindest indirekt vor bestimmten Krebsformen schützen könnte, während PM10 und NO2 das Krebsrisiko zu erhöhen scheinen. Die zu Grunde liegenden Pathomechanismen für die protektiven Effekte des Wohnens im Grünen sind jedoch nicht geklärt. Mögliche Einflussgrößen wie sozioökonomischer Status, Rauchen und Radon konnten zudem nicht berücksichtig werden.