Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605944
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Betreuung von Angehörigen – eine unterschätzte Belastung für Pflegekräfte der spezialisierten Palliativversorgung?

E Diehl
1   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Mainz
,
R Sandra
1   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Mainz
,
S Letzel
1   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Mainz
,
A Nienhaus
2   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Hamburg
,
LC Escobar Pinzon
1   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Mainz
3   Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einleitung:

In bisherige Studien werden als Risikofaktoren im Bereich der familiären Betreuung mangelndes Selbstbewusstsein hinsichtlich der persönlichen Kommunikationskompetenz im Umgang mit Patienten und deren Angehörigen und die Beziehung zu diesen genannt [1,2]. Während eines Interviews berichtete eine Pflegekraft bezüglich der Betreuung von Angehörigen: „Das ist bei Palliativpatienten mindestens genauso aufwendig wie der Patient selbst.“ Eine andere erzählte: „Ich glaub wir sind auch oft ein Ventil für diese Angehörigen und für diese Schwierigkeiten. Ich mein, die müssen irgendwann mal ihren Frust loswerden. Das machen die halt oft beim Personal.“ Diese Aussagen veranlassten uns zu einer ausführlichen Analyse dieses Themas.

Methodik:

In einer Querschnittsstudie wurden im Jahr 2015 mithilfe eines selbstentwickelten Fragebogens die Belastungen von Pflegekräften in der spezialisierten Palliativversorgung untersucht. Die Belastung durch die Betreuung von Angehörigen wurde mittels einer 5 stufigen Likert-Skala (1 keine Belastung bis 5 sehr starke Belastung) gemessen.

Ergebnisse:

An der Befragung nahmen 149 Pflegekräften (Rücklaufquote 34,5%) teil. Ca. die Hälfte der Befragten fühlte sich durch folgende Faktoren eher stark und sehr stark belastet: Angehörige, die die Situation ihrer sterbenden Angehörigen nicht akzeptieren wollen (66,4%). Angehörige, die für Unruhe sorgen (59,7%). Angehörige, die aggressiv werden (52,3%) sowie Angehörige, die Vorwürfe und Schuldzuweisungen machen (46,3%).

Schlussfolgerungen:

Bekannte Belastungsfaktoren, wie die Beleidigungen von Angehörigen [3] sowie Pflegekräfte, die sich unzureichend vorbereitet fühlen, um mit den emotionalen Bedürfnissen von Patienten und deren Angehörigen umzugehen [2], wurden bestätigt. Zudem konnte die ernstzunehmende Belastung durch die Angehörigenarbeit dargestellt werden. Die Wichtigkeit der Angehörigenarbeit sollte in der weiteren Forschung und bei der Entwicklung von Präventionsansätzen stärker in den Fokus rücken.