Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605897
Poster
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Evaluation der Ambulanten Geriatrischen Komplexbehandlung mit Abrechnungsdaten

S Kiel
1   Universitätsmedizin Greifswald, Allgemeinmedizin, Greifswald
,
C Zimak
2   Universitätsmedizin Greifswald, SHIP-KEF, Greifswald
,
JF Chenot
1   Universitätsmedizin Greifswald, Allgemeinmedizin, Greifswald
,
CO Schmidt
2   Universitätsmedizin Greifswald, SHIP-KEF, Greifswald
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Hintergrund:

Die im Jahr 2008 eingeführte präventive ambulante geriatrische Komplexbehandlung (AGKB) ist ein Programm für multimorbide Patienten über 70 Jahre, mit dem Ziel Hospitalisierungen und die Pflegebedürftigkeit zu vermeiden bzw. hinauszuzögern. Sie wurde bisher nicht evaluiert. Ziel der gematchten Kohortenstudie ist es, Behandlungseffekte der AGKB bei Versicherten der AOK Nordost auf die Endpunkte:

  1. Pflegestufe,

  2. Pflegeheimaufnahmen,

  3. Krankenhausaufnahmen,

  4. Gesamtkosten aus der Perspektive der Krankenkasse zu evaluieren.

Methoden:

Datengrundlage sind Abrechnungsdaten der AOK Nordost. Zu 632 AGKB Patienten wurden jeweils vier Kontrollen gematcht. Zum Propensity Score Matching wurden über 30 Variablen berücksichtigt (u.a. Geschlecht, Alter und Versorgungsdaten). Die Qualität des Matchings war gut (Range Standardized Mean Differences -2,8% -5,0%). Die Beobachtungszeit nach der Intervention betrug ein Jahr. Kostenänderung wurde als Change Score modelliert. Die Robustheit der Ergebnisse wurde durch systematische Variation der verwendeten generalisierten linearen Regressionsmodelle überprüft (u.a. Variation von Confoundersets, stat. Gewichte, Extremwertausschlüsse).

Ergebnisse:

Bei AGKB Teilnehmern zeigt sich ein leicht ungünstigerer Verlauf des Anteils von Patienten mit Pflegestufe (+2%pkte, p = 0,15), der Aufnahme in ein Pflegeheim (+1,8%pkte, p = 0,05) und der Aufnahme in ein Krankenhaus (+1%pkt, p = 0,63). Im Jahr nach der AGKB lagen die durchschnittlichen Gesamtkosten pro AGKB-Patient niedriger als bei Patienten der Kontrollgruppe (523 €; 95%-KI: -1042 €; -5 €, p = 0,05).

Schlussfolgerung:

Der leicht ungünstigere Verlauf hinsichtlich Versorgungsparameter kann durch mangelnde Abbildung der Morbidität in Abrechnungsdaten bedingt sein. Geringfügige Verbesserungen der Versorgungskosten scheinen möglich, die Bewertung ist aber unsicher. Effekte auf patientenrelevante klinische Endpunkte konnten mit den Kassendaten nicht erfasst werden. Weitergehende Aussagen erfordern einen RCT.