Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605881
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kommunale Umsetzungsstrategien bei der Versorgung von Flüchtlingen und AsylbewerberInnen in NRW

AC Nowak
1   Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld
,
PF Schmidt
1   Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld
,
C Hornberg
1   Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einleitung:

Die fluchtbedingte Zuwanderung der vergangenen Jahre stellten die bundesdeutsche Gesellschaft und ihre administrativen Strukturen vor vielfältige Herausforderungen. Die gesundheitliche Versorgung der AsylbewerberInnen ist hier ein vordringliches, wenngleich hochgradig zergliedertes Handlungsfeld. Infolge der föderalistisch-divergierenden Auslegung der vom Bundesgesetzgeber verabschiedeten Rahmenbedingungen zeigt sich eine heterogene Gesundheitsversorgung vor Ort. In Ermangelung einer bundesweit einheitlichen Lösung zur Regelung des Versorgungszuganges für Asylsuchende haben einzelne Bundesländer, darunter Nordrhein-Westfalen (NRW), ihren Kommunen die fakultative Möglichkeit eingeräumt, eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) auszugeben.

Methodik:

Zunächst wurden Dokumente der Bürgerschaftsvertretungen und Kommunalverwaltungen zur Umsetzung der Flüchtlingsversorgung vor Ort nach deduktiven Kategorien ausgewertet. Anschließend wurden zwölf Experteninterviews mit VertreterInnen der beteiligten Akteursgruppen (Kommunen, Krankenkassen, Ärzteschaft) geführt. Die inhaltsanalytische Auswertung erfolgte mittels induktiver Kategorienbildung.

Ergebnisse:

Für NRW wurden drei divergierende Umsetzungsstrategien identifiziert: (1) Restriktiver Versorgungszugang, bei dem weiterhin Behandlungsscheine vom Sozialamt ausgegeben werden; (2) Semirestriktiver Versorgungszugang, bei dem ohne Ansehen des Gesundheitszustandes Behandlungsscheine ausgeben werden; (3) Permissiver Versorgungszugang, bei dem eine eGK ausgegeben wird, die einen selbstbestimmten Zugang zum Gesundheitssystem ermöglicht.

Schlussfolgerung:

Die vom Bundesgesetzgeber weit gefassten Regelungen haben verschiedene Auslegungs- und Handlungspraxen vor Ort zur Folge, die zu einer Fragmentierung der Zugangsmöglichkeiten von Asylsuchenden zum Gesundheitssystem führen. Eine bundesweit einheitliche barrierearme Regelung ist notwendig, um administrative und strukturelle Barrieren zum Versorgungssystem abzubauen.