Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605818
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Können psychosoziale Arbeitsbelastungen in einer Job-Exposure-Matrix abgeschätzt werden?

M Nübling
1   FFAW, Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften GmbH, Freiburg
,
M Vomstein
1   FFAW, Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften GmbH, Freiburg
,
A Haug
1   FFAW, Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften GmbH, Freiburg
,
HJ Lincke
1   FFAW, Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften GmbH, Freiburg
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Hintergrund:

In der Arbeitsepidemiologie ist Zuordnung von Belastungen (exposures) an Hand von Berufen oder Tätigkeiten (jobs) ein bewährtes Verfahren. Die so erstellte Job-Exposure Matrix (JEM) schätzt Belastungen dann auf der Basis von Berufen a priori ab.

Ziel der Arbeit:

Seit einigen Jahren sind die psychosozialen Belastungen und Gefährdungen verstärkt in den Fokus gerückt; zu prüfen bleibt, ob und inwieweit eine solche Verknüpfung zu Tätigkeiten auch hier möglich ist.

Material und Methoden:

Mit 10.000 Personen aus der COPSOQ-Datenbank wurde mittels Varianzanalysen geprüft, welche Varianzanteile in den 25 COPSOQ-Skalen durch die Berufsgruppe (Klassifikation der Berufe des Stat. BA) erklärt werden kann.

Ergebnisse:

Je nach psychosozialem Belastungs- oder Beanspruchungsfaktor ergeben sich unterschiedlich starke Abhängigkeiten vom Beruf. Im Themenfeld Einfluss und Entwicklungsmöglichkeiten (5 Skalen) werden die höchsten eta-Werte bis zu 0,43 erreicht; bei den Skalen zu Anforderungen (4 Skalen) und bei der Arbeitsplatzunsicherheit (1 Skala) beträgt eta je etwa 0,3; am schwächsten hängen die Aspekte aus dem Bereich Soziale Beziehungen und Führung (9 Aspekte, eta in der Regel etwa 0,2) und die Belastungsfolgen (6 Aspekte, 0,14 bis 0,19) mit der Berufsgruppe zusammen.

Diskussion:

Bei der Beurteilung der berufsbezogenen Exposition gegenüber klassischen Gefährdungen (z.B. Gefahrstoffe) können JEMs mitunter recht treffsichere Vorhersagen liefern – meist umso besser, je genauer die Tätigkeit erfasst wird. Auch bei einigen psychosozialen Themen wie beim Einfluss oder den emotionalen Anforderungen kann auf Basis des Berufs oder der Tätigkeit eine Abschätzung der Belastungen gelingen. Allerdings ist dies insbesondere für relevante Aspekte im Bereich soziale Beziehungen und Führung nicht der Fall. Für eine umfassende, tragfähige Belastungsabschätzung ist daher eine Analyse (Befragung) aller betroffenen Personen/Einheiten notwendig, eine Abschätzung per JEM genügt nicht.