Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605800
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prävalenzen von Depressionen bei Erwachsenen im Vergleich von Primär- und Sekundärdaten

J Thom
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
J Bretschneider
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
U Hapke
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
K Kleine-Budde
2   AQUA – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen
,
T Grobe
2   AQUA – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einleitung:

Prävalenzschätzungen für Depressionen zeigen bei Betrachtung von Primär- gegenüber Sekundärerhebungen heterogene Ergebnisse sowie abweichende Alters- und Geschlechtsverteilungen. Deren Vergleich wird durch die Betrachtung konzeptuell verschiedener Prävalenzindikatoren und unterschiedlicher Erhebungsjahre erschwert.

Methodik:

Um eine Gegenüberstellung von Depressionsprävalenzen in Bevölkerung und Versorgung zu ermöglichen, werden für das Jahr 2010 drei Indikatoren von Depressionen beschrieben. Aus den Daten des Gesundheitsmonitorings des Robert Koch-Instituts werden die im epidemiologischen Bevölkerungssurvey erhobene selbstberichtete ärztliche Diagnose und die Diagnose im standardisierten klinischen Interview ermittelt. Aus Routinedaten der BARMER GEK werden die kodierten administrativen ambulanten und stationären Diagnosen berichtet.

In Sensitivitätsanalysen werden die untersuchten Stichproben beider Datenquellen angeglichen durch den Ausschluss privat versicherter Surveyteilnehmender und Versicherter mit Pflegebedarf. Die Definition der administrativen Diagnose wird variiert anhand der Kriterien Kodierhäufigkeit, Diagnosespezifität und Einschluss bipolarer Störungen.

Ergebnisse:

Die höchste Prävalenzrate zeigt sich mit 9,8% für administrativ erfasste Depressionen, die niedrigste mit 5,9% für die selbstberichtete ärztliche Diagnose einer Depression im Survey. Die Prävalenz der im klinischen Interview erhobenen Depression beträgt 8,4%. Die drei Indikatoren weisen jeweils spezifische alters- und geschlechtsabhängige Verteilungen auf. Werden Depressionsdiagnosen mit unspezifischer Kodierung nicht berücksichtigt, sinkt die administrative Prävalenzrate deutlich ab.

Schlussfolgerungen:

Auch bei optimierter Vergleichbarkeit der untersuchten Stichproben und Depressionsindikatoren bleiben Prävalenzunterschiede zwischen Survey- und Routinedaten bestehen und weisen darauf hin, dass jeweils distinkte Personengruppen mit der Diagnose erfasst werden.