Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605799
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Transformationsprozesse nach 1990 im Gesundheitswesen Sachsen-Anhalts aus ärztlicher Perspektive – eine qualitative Studie

LM Seichter
1   Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Sozialmedizin, Magdeburg
,
A Spura
1   Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Sozialmedizin, Magdeburg
,
BP Robra
1   Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Sozialmedizin, Magdeburg
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einführung:

Kritische Diskurse wie „Ökonomisierung der Medizin“ belegen: es gab und gibt fortwährend Veränderungsprozesse im Gesundheitswesen. Für die zukünftigen Herausforderungen lohnt ein Blick auf frühere Transformationsprozesse. Dieser Beitrag untersucht, wie ÄrztInnen in Sachsen-Anhalt die Transformationsprozesse im Gesundheitswesen nach 1990 wahrnahmen und wie sie mit den einhergehenden Veränderungen umgingen.

Methodik:

Es wurden 10 berufsbiographisch-leitfadengestützte Interviews mit ÄrztInnen, die im Zeitraum zwischen 1990 und 1995 in Sachsen-Anhalt ärztlich tätig waren, geführt. Die Interviews wurden mit der qualitativen zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.

Ergebnisse:

Auf der Makroebene zeigen sich z.B. Prozesse der politischen Steuerung des Medizinsystems, etwa durch neue gesetzliche und ökonomische Anreizstrukturen, und die Ablösung von Qualitätsstandards, wie sie zur Evaluierung der Gesundheitseinrichtungen durchgesetzt wurden. Auf der Mesoebene sind z.B. veränderte Karrierepolitiken oder Arbeitsbeziehungen und -Formen, etwa Förderung der ambulanten Patientenversorgung durch Arztpraxen, erkennbar. Auf der Mikroebene finden sich konkrete berufliche Brüche und Neuorientierungen der ÄrztInnen. Es lassen sich neue (Rollen)Erwartungen an die ÄrztInnen und Veränderungen in der Arzt-Patienten-Beziehung erkennen, die das ärztliche Selbstverständnis berühren.

Schlussfolgerung:

Das Ziel, die medizinische Versorgung während der Transformationsprozesse zu gewährleisten, wurde erreicht. Ärztlicherseits waren unter Beibehaltung eines systemunabhängigen ärztlichen Ethos hierfür Anpassungsleistungen erforderlich, wie z.B. eine neue ökonomische Orientierung in der Rolle des Arztes.