Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605778
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wer besucht eine Selbsthilfegruppe – und warum? Ergebnisse aus der SHILD-Studie

M Haack
1   Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
,
S Kramer
1   Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
,
G Seidel
1   Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
,
S Nickel
2   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Medizinische Soziologie, Hamburg
,
C Kofahl
2   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Medizinische Soziologie, Hamburg
,
ML Dierks
1   Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
01. September 2017 (online)

 

Einleitung:

Das BMG-geförderte Projekt „SHILD“ untersucht Wirkungen und Perspektiven gesundheitsbezogener Selbsthilfe in Deutschland anhand der Indikationsgruppen Diabetes mellitus Typ 2, Prostatakarzinom, Multiple Sklerose und Tinnitus.

Methodik:

Per standardisiertem Fragebogen wurden 1.238 Selbsthilfegruppenmitglieder (weiblich: 41%; Alter im Mittel: 63 Jahre; Schulbildung hoch: 46%, niedrig: 27%) und im Vergleich dazu 1.321 chronisch Kranke, die nicht selbsthilfeaktiv sind (weiblich: 53%; Alter im Mittel: 55 Jahre; Schulbildung hoch: 48%, niedrig: 20%), befragt. Um zu erfahren, ob vorrangig bestimmte Personen Selbsthilfegruppen aufsuchen, wurden mithilfe binärer Regressionen Zusammenhänge zwischen Selbsthilfebeteiligung und sozidemographischen Merkmalen sowie Krankheitslast untersucht. Zudem wurden die Teilnehmenden zu ihren Motiven, in eine Selbsthilfegruppe zu gehen, befragt.

Ergebnisse:

Zusammenhänge zeigen sich insbesondere zwischen Selbsthilfeaktivität und einem steigenden Alter (OR: 1,03; CI: 1,03 – 1,04) sowie einer schwereren Krankheitslast (OR: 1,79; CI: 1,50 – 2,13). Indikationsbezogen kann zudem beobachtet werden, dass Selbsthilfeaktivität und weibliches Geschlecht miteinander assoziiert sind (z.B. Diabetes: OR: 1,98; CI: 1,27 – 3,11). Gruppenmitglieder sind häufiger als Nicht-Selbsthilfeaktive auch außerhalb der Selbsthilfe sozial engagiert (51% vs. 21%). Ihre Motivation, eine Gruppe zu besuchen, äußerst sich vorrangig in den drei Themenbereichen „Gemeinschaft und Austausch“ (92%), „Wissens- und Kompetenzgewinn“ (76%) sowie „Bewältigung der chronischen Krankheit“ (68%).

Schlussfolgerungen:

Für die Gruppe der Befragten lässt sich ableiten, dass die Selbsthilfe bestimmte Personen stärker anspricht als andere. In weiteren Betrachtungen von Selbsthilfegruppen sollte diese eingeschränkte Heterogenität berücksichtigt werden. Die aufgezeigten Hauptmotive für die Gruppenbesuche können zudem hinweisgebend für die Ausrichtung von Selbsthilfegruppen in ihrer Entstehungsphase sein.