Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605739
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Effekt kombinierter oraler Kontrazeptiva auf venöse thromboembolische Ereignisse. Systematisches Review und Metaanalyse

C Oedingen
1   Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
,
S Scholz
2   Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, AG Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement, Bielefeld
,
O Razum
3   Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, AG Epidemiologie & International Public Health, Bielefeld
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einleitung:

Mit Einnahme eines kombinierten oralen Kontrazeptivums (KOK) steigt das Risiko für eine venöse Thromboembolie (VTE). Bisher ist das Risiko für die einzelnen Estrogen-Gestagen-Kombinationen von KOK nicht genau determiniert. Das Ziel der Metaanalyse ist es, anhand eines umfassenden Vergleichs aller bestehenden Präparate, die Effekte von KOK auf thromboembolische Ereignisse zu messen.

Methodik:

Recherchiert wurde in den Fachdatenbanken PubMed, Embase und LIVIVO sowie mittels Cross-Searching bis April 2017. Eingeschlossen wurden Kohorten- und Fall-Kontroll-Studien, die gesunde Frauen mit KOK-Exposition sowie einer inzidenten VTE als Outcome untersuchen. Die Daten wurden mithilfe eines Random-Effects-Modells sowie inverser Varianzen gepoolt. Adjustierte relative Risiken (RR) mit einem 95%-Konfidenzintervall (KI) wurden angegeben.

Ergebnisse:

1.359 Literaturstellen wurden identifiziert, wovon 17 Studien in die Metaanalyse inkludiert wurden. Verglichen mit dem Referenzwirkstoff Levonorgestrel mit 30 bis 40 µg Ethinylestradiol ist das Risiko für eine VTE bei allen anderen Estrogen-Gestagen-Kombinationen insgesamt höher. Das höchste Risiko haben dabei Präparate mit Desogestrel und 30 – 40 µg Estrogen (RR = 1,46; 95%-KI = 1,33 – 1,59), während das RR mit 1,40 bei Drospirenon und Desogestrel mit 30 – 40 µg bzw. 20 µg dosiertem Ethinylestradiol geringer ist. Wirkstoffe wie Gestoden und Cyproteron mit 30 – 40 µg Estrogen haben das geringste Risiko (RR = 1,27; 95%-KI = 1,15 – 1,41; RR = 1,29; 95%-KI = 1,12 – 1,49). Für alle Wirkstoffe kann eine Dosis-Wirkung von Ethinylestradiol konstatiert werden, sodass höhere Dosierungen auch mit einem höheren Risiko assoziiert sind.

Schlussfolgerungen:

Alle untersuchten KOK begünstigen das Risiko für eine VTE. Der jeweilige Gesamteffekt hängt neben dem Gestagen auch von der Dosierung des Ethinylestradiols ab. Bei Verordnungen levonorgestrelhaltiger KOK sollte folglich auf eine niedrige Estrogendosis geachtet werden.