Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605737
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pränatale Exposition zu Ramadan in Deutschland: Eine Umfragestudie in Mainz

F Pradella
1   Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Lehrstuhl für Statistik und Ökonometrie, Mainz
,
B Leimer
1   Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Lehrstuhl für Statistik und Ökonometrie, Mainz
2   Goethe Universität Frankfurt, Graduate School of Economics, Finance, and Management, Frankfurt (Main)
,
A Fruth
3   Universitätsmedizin der JGU Mainz, Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauengesundheit, Mainz
,
A Queißer
4   Universitätsmedizin der JGU Mainz, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Mainz
,
R van Ewijk
1   Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Lehrstuhl für Statistik und Ökonometrie, Mainz
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Fragestellung:

Pränatale Exposition zu Ramadan erhöht das Risiko für Symptome von Typ II Diabetes und koronare Herzkrankheiten (van Ewijk 2011). In muslimischen Ländern fasten die meisten Schwangeren; Fastengebräuche schwangerer Muslimas in Europa wurden bislang jedoch kaum untersucht. Wir erheben erstmals Daten in Deutschland. Dabei stellen wir uns der Frage, ob die Effekte der Exposition zu Ramadan auf das Fasten zurückgeführt werden können oder auch andere Verhaltensänderungen im Ramadan (z.B. Schlafrhythmen) eine Rolle spielen.

Methoden:

Ab Mai 2017 wird in den geburtshilflichen Abteilungen in Mainz eine Umfragestudie unter schwangeren und frisch entbundenen Muslimas durchgeführt. Während der Pilotphase 2016 wurden 117 Interviews durchgeführt. Neben Fragen zum Fastenverhalten erheben wir Daten zum Schlafrhythmus und Änderungen in der Ernährung – auch an Tagen, an denen nicht gefastet wurde. Zusätzlich erheben wir Kontrollvariablen wie Ausbildungsstatus und Geburtsland. Anschließend findet eine Verknüpfung mit Daten der geburtshilflichen Abteilungen statt.

Ergebnisse:

Mehr als 40% aller befragten Frauen haben mindestens einen Tag in der Schwangerschaft gefastet, davon 54% 20 – 30 Tage. 23% der Frauen in unserer Pilotstudie wurden in Deutschland geboren, wovon 37% gefastet haben. Die meisten Frauen gaben ihre Schwangerschaft als Grund dafür an, nicht oder nicht an allen Tagen gefastet zu haben. Viele Gynäkologen sind sich der Auswirkungen von Ramadan während der Schwangerschaft nicht bewusst, wie die Angaben zu den erhaltenen Ratschlägen zeigen. Erste Ergebnisse zu den Effekten auf die Neugeborenen werden im Laufe der Hauptstudie vorliegen.

Schlussfolgerungen:

Ramadan während der Schwangerschaft ist ein relevantes Thema in Deutschland. Etwa 5% der deutschen Bevölkerung sind Muslime – mit steigender Tendenz. Die gesundheitlichen Auswirkungen von pränataler Exposition zu Ramadan und die Sensibilisierung des Fachpersonals sind daher für eine relevante Gruppe von Interesse.