Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605624
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gesundheitsvorstellungen von Spätaussiedler/innen – Familie als Ressource und Belastung?

T Michalik
1   Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
,
F Koppelin
2   Jade Hochschule, Oldenburg
,
U Walter
1   Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einleitung:

Spätaussiedler/innen stellen eine der größten Migrantengruppen in Deutschland dar. Ihre Vorstellungen von Gesundheit sind jedoch kaum untersucht. Welche Kernelemente für die Gesundheit im Alter von Bedeutung sind, ist eine zentrale Forschungsfrage in der Studie „Gesundheitsvorstellungen von Spätaussiedler/innen im Alter – eine qualitative Studie“.

Methodik:

In der qualitativ angelegten Studie wurde der Zugang u.a. über Kontaktpersonen in den spätaussiedlerspezifischen Netzwerken getätigt. Die Ansprache erfolgte in deren Sprache. Mit einem offenen in zwei Sprachen konzipierten Leitfadeninterview, wurden Spätaussiedler/innen (n = 13) im Alter zwischen 66 – 75 Jahren interviewt. Die Interviews fanden auf Wunsch der Studienteilnehmer/innen in der russischen Sprache statt. Die gesamte Datenaufbereitung sowie Ergebnisauswertung mittels der Dokumentarischen Methode nach Bohnsack konnte ebenfalls in russischer Sprache durchgeführt werden.

Ergebnisse:

Das wichtigste Element in der Gesundheitsvorstellung bei älteren Spätaussiedler/innen ist das Vorhandensein und Funktionieren der Familie. Bei beiden Geschlechtern stellen die Enkelkinder das bedeutsamste Familienglied in der Generationskette dar. Die Sorge für diese ist mit einem starken Gefühl von „gebraucht zu werden“ und „nützlich zu sein“ verbunden. Diese Einstellung kann als Motivation für das gesundheitserhaltende Handeln dienen, wobei dieses mit der alltäglichen Vorsorge für Familienmitglieder korrespondiert. Familie stellt also eine Ressource aber auch Belastung dar.

Schlussfolgerungen:

Das familiäre Funktionieren stellt ein wichtigstes Kernelement innerhalb des Gesundheitsbegriffs von älteren Spätaussiedler/innen dar. Wie die familiären Netzwerke als Ressource gestärkt und Belastungen entgegengewirkt werden kann, erfordert weitere Forschung.