Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605601
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erfassung von sozialer Ungleichheit und Stadt-Land-Unterschieden in der Inanspruchnahme ambulanter medizinischer Leistungen in Deutschland

E Rind
1   Hochschule Furtwangen, Furtwangen
,
C Weidmann
1   Hochschule Furtwangen, Furtwangen
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Hintergrund & Fragestellung:

Die zunehmende Peripherisierung des ländlichen Raumes spielt in der Gestaltung der Gesundheitsversorgung eine zentrale Rolle. In Deutschland wurden soziale Ungleichheit und Stadt-Land-Unterschiede in der Inanspruchnahme ambulanter medizinischer Leistungen bislang nur unsystematisch untersucht. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens soll folgenden Fragen nachgegangen werden:

  1. Wie unterscheidet sich die Inanspruchnahme ambulanter medizinischer Leistungen zwischen städtischen und ländlichen Gebieten?

  2. Sind alle sozialen Schichten von den Stadt-Land-Unterschieden gleichermaßen betroffen?

Methoden:

Diese Querschnittstudie wertet kumulierte Daten der GEDA-Studien aus (RKI 2009 – 2012). Um Muster in Stadt-Land-Unterschieden in der Inanspruchnahme ambulanter medizinischer Leistungen zu analysieren wurden deskriptive Verfahren und hierarchische Regressionsanalysen durchgeführt. Die Modelle wurden nach siedlungsstrukturellen Kreistypen und Einkommens- bzw. Bildungsgruppen stratifiziert, um eventuelle Unterschiede in sozialer Ungleichheit zwischen den städtischen und ländlichen Regionen aufzudecken.

Ergebnisse:

Im Vergleich zu den Großstädten ist die Wahrscheinlichkeit keine hausärztliche Versorgung oder Vorsorgeleistungen (Zahnvorsorge & Tetanusimpfung) in Anspruch zu nehmen in den ländlichen Gebieten signifikant niedriger. Soziale Ungleichheit bzgl. der Inanspruchnahme hausärztlicher Versorgung ist in den Großstädten stärker ausgeprägt als in den dünn besiedelten ländlichen Gebieten.

Schlussfolgerungen:

Entgegen der Erwartung ist die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme bestimmter Vorsorgeleistungen in den ländlichen Gebieten höher als in den Großstädten, was für eine stärkere Bindung bzw. Abhängigkeit der ländlichen Bevölkerung an eine hausärztliche Versorgung spricht. Eine zunehmende Peripherisierung des ländlichen Raumes könnte sich ungleich stärker auf sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen auswirken.