Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604499
Symposien
S-01 Früherkennung und Intervention bei Alkoholproblemen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Führt ein Screening potentieller gesundheitlicher Risiken zu einer Veränderungsbereitschaft bzgl. eines riskanten Alkohol- und regelmäßigen Tabakkonsums?

A Batra
1   Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, Sektion Suchtforschung und Suchtmedizin
,
S Eck
1   Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, Sektion Suchtforschung und Suchtmedizin
,
S Hanke
1   Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, Sektion Suchtforschung und Suchtmedizin
,
KU Petersen
1   Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, Sektion Suchtforschung und Suchtmedizin
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. August 2017 (online)

 

Einleitung:

Alkohol- und Tabakkonsum stellen in der industrialisierten Welt die größten vermeidbaren Gesundheitsrisiken dar. Beide Substanzen werden häufig gemeinsam konsumiert. Dabei steigen die gesundheitsbezogenen Risiken wie beispielsweise das Risiko für Krebserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder neurokognitive Beeinträchtigungen im Falle eines kombinierten chronischen Gebrauchs von Alkohol und Tabak dramatisch. Umgekehrt senkt eine Reduktion der Konsummenge und -häufigkeit die mit dem Substanzkonsum in Beziehung stehenden Krankheitsrisiken nachweislich; im Hinblick auf die möglichen negativen Folgen anhaltenden Tabak- und Alkoholkonsums sind Dosis-Wirkungs-Zusammenhänge bekannt. Ungeachtet des Wissens um das Potential des sog. teachable moment in der medizinischen Grundversorgung gehören Interventionen zur Prävention oder Behandlung von schädlichem Alkohol- und/oder Tabakkonsum in Deutschland nicht zur Routine im klinischen oder primärärztlichen Setting.

Methodik:

Die Studie folgt der Empfehlung, die Effizienz von onlinebasierten Interventionen zur Reduktion des Alkohol- und Tabakkonsums zu erforschen. In dieser Proof-of-Concept-Studie sollen u.a. Daten zur Machbarkeit, Akzeptanz, Selbstwirksamkeit und Veränderungsmotivation (readiness to change) erhoben werden. Zur Anwendung kommen soll im Rahmen der Studie eine neu entwickelte, onlinebasierte Computer- und Smartphone-Anwendung, die sich an Personen richtet, die regelmäßig rauchen und riskant Alkohol trinken. Hierzu sollen insgesamt N = 180 Patient/innen, die rauchen und riskant Alkohol trinken, im primärmedizinischen Setting rekrutiert werden und randomisiert entweder einer der beiden Online-Interventionen oder der Kontrollbedingung im Verhältnis 1:1:1 zugewiesen werden. Die Rekrutierung von Studienteilnehmern erfolgt zeitgleich an drei Standorten (Tübingen, Greifswald und Lübeck).

Ergebnisse:

in einer ersten Auswertung der Studienphase I zeigt sich, dass im Zeitraum vom 07.12.2015 bis zum 18.03.2016 zentrumsübergreifend n = 2450 Patient/innen in Hausarztpraxen und Krankenhäusern erreicht werden konnten. Darunter waren n = 98 (4,0%) für die Intervention prinzipiell geeignete Personen und darunter n = 54 (2,2%) Personen, die der Studienteilnahme zustimmten. Davon haben sich n = 29 auf der Website registriert. Ca. 28% aller in Frage kommenden Personen nehmen somit ein Beratungs- und Behandlungsangebot zur Konsumreduktion in Anspruch, sofern sie im Hausarzt- oder Krankenhaussetting bzgl. des Konsumverhaltens angesprochen werden.

Schlussfolgerung:

Auf der Basis dieser Ergebnisse, die ein Potential für eine Inanspruchnahme eines geeigneten Interventionsangebotes belegen, werden aktuell in einer Anschlussphase Effektivitäten einer online- und app-basierten Intervention mit und ohne therapeutische Begleitung gegen die Wirksamkeit einer TAU-Bedingung untersucht.