Z Gastroenterol 2017; 55(05): e1-e27
DOI: 10.1055/s-0037-1603070
Kategorie „Der interessante Fall“
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wandhämatom des Ösophagus infolge einer Ruptur der thorakalen Aorta

A Konwisorz
1   Medizinische Klinik, Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie, Klinikum Würzburg Mitte, Standort Juliusspital, Würzburg
,
N Reißmann
1   Medizinische Klinik, Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie, Klinikum Würzburg Mitte, Standort Juliusspital, Würzburg
,
J Bohn
1   Medizinische Klinik, Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie, Klinikum Würzburg Mitte, Standort Juliusspital, Würzburg
,
W Scheppach
1   Medizinische Klinik, Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie, Klinikum Würzburg Mitte, Standort Juliusspital, Würzburg
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Publication Date:
09 May 2017 (online)

 

Die Aortenruptur stellt ein gefürchtetes Krankheitsbild dar. Meist präsentiert sie sich mit massiven klinischen Symptomen wie Vernichtungsschmerz und rasch progredientem Schock. Sie erfordert ein zügiges therapeutisches Handeln und endet dennoch in ca. 90% der Fälle letal, nur wenige Patienten erreichen lebend die Klinik, und auch die Operation weist eine hohe Mortalität auf. Dennoch gibt es atypische Verläufe gedeckter Perforationen, die sich oligosymptomatisch präsentieren.

Der bei Diagnosestellung 76-jährige Patient wurde wegen Verschlechterung des Allgemeinzustands, Oberbauchschmerzen und Dysphagie zugewiesen. Bei Aufnahme präsentierte sich der Patient kreislaufstabil. Es zeigte sich laborchemisch eine Entzündungskonstellation ohne eindeutigen Fokus, so dass eine kalkulierte Antibiose mit Ceftriaxon begonnen wurde. Eine Abdomensonografie blieb ohne richtungsweisenden Befund. Nach vier Tagen entwickelte der Patient Teerstuhl und einen Abfall des Hämoglobinwertes i.S. um 4 g%, so dass nach erfolgter Transfusion eine Notfall-ÖGD durchgeführt wurde.

Bei der ÖGD zeigte sich eine Impression der kardianahen Ösophaguswand durch eine livide imponierende submuköse Raumforderung. Im Magenfundus war eine morphologisch gleichartige Formation mit Schleimhauteinriss erkennbar. Bei der unmittelbar im Anschluss durchgeführten Endosonografie wurde ein schalenartiges Hämatom um den Aortenbogen sichtbar, welches bis an die Ösophaguswand heranreichte und einen Blutaustritt aus der Aorta nahelegte. In der CT- Angiografie bestätigte sich diese Verdachtsdiagnose: Zur Darstellung kam ein gedeckt perforiertes Aneurysma auf Höhe des distalen Aortenbogens, wodurch sich ein Ösophaguswandhämatom auf 3,7 cm Länge ausgebildet hatte.

Der Patient wurde notfallmäßig in die Abteilung für Herz-Thoraxchirurgie der Universitätsklinik Würzburg verlegt. Dort konnte das gedeckt perforierte Aneurysma mittels Stentgraftimplantation exkludiert werden. Der postoperative Verlauf wurde durch eine nur langsam regrediente Dysphagie kompliziert, so dass die parenterale Ernährung beibehalten werden musste. Bei einer ca. 6 Wochen später durchgeführten ÖGD-Kontrolle zeigte sich an der Stelle des vorbeschriebenen Wandhämatoms der distalen Speiseröhre ein langstreckiger Wanddefekt des Ösophagus mit endoskopischem Aufblick auf die frei liegende Aortenprothese. Die prinzipiell erforderliche operative Revision wurde angesichts von Komorbiditäten nicht durchgeführt. In Ermangelung besserer Alternativen wurde palliativ ein beschichteter Ösophagusstent zur Deckung des Gewebsdefekts eingelegt. Nach Entlassung verschlechterte sich der Patient von Seiten des Allgemeinzustandes und verstarb ca. vier Monate später.

Der vorgestellte Fall zeigt eindrücklich eine ungewöhnliche Präsentation einer gedeckten Aortenruptur mit Ösophagusbeteiligung und den folgenden komplizierten Verlauf. Er verdeutlicht weiterhin, dass bei atypischen Befunden in der ÖGD auch seltene lebensbedrohliche Ursachen in Betracht gezogen werden müssen.

Literatur:

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[3] Nazarewicz G and Jain R. Upper gastrointestinal bleeding caused by aortoesophageal fistula. Clin Gastroenterol Hepatol. 2016;14 (12).

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