Z Gastroenterol 2017; 55(05): e1-e27
DOI: 10.1055/s-0037-1603066
Kategorie „Der interessante Fall“
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Multiple Seitenast-IPMN und Pankreaskarzinom bei einem 70-jährigen Patienten

A Lorenzen
1   Medizinische Klinik, Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie
,
M Schubring
1   Medizinische Klinik, Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie
,
A Simon
2   Chirurgische Klinik, Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Klinikum Würzburg Mitte, Standort Juliusspital, Würzburg
,
E Schippers
2   Chirurgische Klinik, Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Klinikum Würzburg Mitte, Standort Juliusspital, Würzburg
,
W Scheppach
1   Medizinische Klinik, Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie
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Publication History

Publication Date:
09 May 2017 (online)

 

Die intraduktale papillär muzinöse Neoplasie (IPMN) stellt 21 – 33% aller zystischen Pankreastumoren dar und ist eine fakultative Präkanzerose des Pankreaskarzinoms. Während IPMN vom „main duct type“ vom Pankreashauptgang ausgehen, entsteht die IPMN vom „branch duct type“ in den Nebengängen. Eine Unterscheidung ist vor allem deshalb wichtig, da sich der „main duct type“ durch ein deutlich höheres Entartungsrisiko auszeichnet und deshalb i.d.R. ein operatives Vorgehen erfordert. Die Differenzierung der Untertypen, die Abgrenzung von anderen zystischen Läsionen und die Indikationsstellung einer Pankreasresektion stellen für den Kliniker Herausforderungen dar.

Wir berichten im Folgenden von einem 70-Jährigen, der mit schmerzlosem Ikterus und sonographisch dargestellter Erweiterung der Gallenwege und des Pankreas-ganges in unserer Klinik vorstellig wurde. In einer MRCP offenbarte sich der ungewöhnliche Befund multipler Nebengangs-IPMN im gesamten Pankreas. Weiterhin wurde eine Hauptgang-IPMN mit Gangirregularitäten und sowie eine 1,5 cm große Zyste im Pankreaskopf beschrieben. Eine solide Raumforderung hatte sich nicht gezeigt, allerdings Zeichen einer akuten Pankreatitis.

Ursächlich für die Cholestase war eine 2 cm lange Stenose im intrapankreatischen Abschnitt des Gallengangs, welche zunächst mit einem 10F-Plastikstent überbrückt wurde. Bei der differenzialdiagnostischen Erwägung eines Pankreaskopfkarzinoms erfolgte das Tumorstaging mittels CT-Thorax und -Abdomen (unauffällig) sowie die Bestimmung der Tumormarker CEA (normwertig) und CA19 – 9 (erhöht: 460 U/ml).

Der Fall wurde in unserer interdisziplinären Tumorkonferenz vorgestellt. Bei Verdacht auf Pankreaskopfkarzinom (DD: Kompression des D. choledochus durch die zystischen Läsionen unklarer Dignität im Pankreaskopf) wurde die Empfehlung zur Whipple'schen Operation ausgesprochen. Von einer totalen Pankreatektomie wurde zur Vermeidung eines pankreopriven Diabetes abgesehen, zumal im Pankreaskorpus und -schwanz nur Seitenast-IPMN gefunden wurden.

Aus dem Whipple-OP-Resektat ließen sich ein mäßig differenziertes Adenokarzinom, eine IPMN vom pankreatobiliären Typ und eine ausgeprägte chronische und floride Pankreatitis diagnostizieren. Der Patient wurde einer adjuvanten Chemotherapie mit Gemcitabine und Capecitabine unterzogen, welche derzeit fortgesetzt wird. Die Nebengangs-IPMN sollen halbjährlich mittels MRCP kontrolliert werden. – Der Fall veranschaulicht die Problematik der Haupt- und Seitenast-IPMN mit komplizierendem Pankreaskarzinom sowie das therapeutische Vorgehen bei unterschiedlichen IPMN-Subtypen.

Literatur:

[1] Tanaka M, Fernandez-del Castillo C, Adsay V, et al. International consensus guidelines 2012 for the management of IPMN and MCN of the pancreas. Pancreatology 2012;12:183 – 197.

[2] Griffin JF, Poruk KE, Wolfgang CL. Is it time to expand the role of total pancreatectomy for IPMN? Dig. Surg. 2016;33:335 – 342.