Z Gastroenterol 2017; 55(05): e1-e27
DOI: 10.1055/s-0037-1603050
Kategorie „Klinische Forschung“
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Validierung relevanter Prognosefaktoren des Leberzellkarzinoms in Bezug auf Therapiestrategie und Outcome

L Kern
1   Universitätsklinik Würzburg
,
A Geier
1   Universitätsklinik Würzburg
,
T Kudlich
1   Universitätsklinik Würzburg
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
09 May 2017 (online)

 

Primäre bösartige Neoplasien der Leber stellen weltweit eine außerordentliche Herausforderung dar. Sie stehen bei den Krebs-bedingten Neuerkrankungen unter Männern an fünfter Stelle und nehmen bei den Krebs-bedingten Todesursachen sogar den zweiten Platz ein. Unter allen lebereigenen bösartigen Neoplasien ist das Hepatozelluläre Karzinom (HCC) bei weitem der häufigste histologische Subtyp. In seiner vergleichsweise ausgeprägten Malignität und dadurch bedingten hohen Sterblichkeitsrate liegt der große Stellenwert dieser Gruppe an Tumoren begründet und bei Patienten mit einer Leberzirrhose steht das HCC weltweit als Todesursache sogar an erster Stelle. In dieser retrospektiven Datenanalyse wurde ein ungefiltertes Patientenkollektiv von 188 Patienten mit Erstdiagnose eines hepatozellulären Karzinoms im Zeitraum von 2005 bis 2012 anhand verschiedener demografischer, pathomechanistischer, diagnostischer, therapeutischer oder prognostischer Parameter untersucht. Der Zeitraum wurde in zwei Perioden eingeteilt, bezogen auf das Datum der Diagnosestellung (vor bzw. nach dem 31.12.2008), um eine Änderung der Parameter im zeitlichen Verlauf besser darstellen zu können.

Die Anzahl der Neudiagnosen pro Jahr nahm im Beobachtungszeitraum kontinuierlich zu. Insgesamt erkrankten deutlich mehr Männer als Frauen an einem HCC (82,45% versus 17,55%). Der Mehrheit der Fälle liegt eine alkoholische Leberschädigung zu Grunde (32% der Patienten). Es konnte jedoch gezeigt werden, dass ein großer Anteil der HCCs bei Patienten entsteht, bei denen weder eine virale Hepatitis, ein Alkoholabusus, noch eine andere das HCC-Risiko beeinflussende Grunderkrankung gefunden werden kann. Dieser Anteil nahm sogar während des Beobachtungszeitraums zu.

Durch die Datenanalyse konnten verschiedene prognostische Faktoren eruiert werden, die sich auf das mediane Überleben auswirken. Im Falle des Child-Pugh-Stadiums, des BCLC-Stadiums, des Geschlechts und des AFP-Spiegels wurden bereits bekannte Zusammenhänge bestätigt: Ein niedriges Child-Pugh-Stadium (bzw. das Fehlen einer Leberzirrhose), ein niedriges BCLC-Stadium bei Diagnosestellung, Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht und ein niedriger AFP-Spiegel im Serum wirken sich positiv auf das mediane Überleben aus. Neue Erkenntnisse konnten v.a. im Bereich der Therapiewahl gewonnen werden: Das Überleben der Patienten, die eine Radiofrequenzablation erhielten, war signifikant am längsten, gefolgt von operativen Verfahren und der TACE. Patienten, die nur eine medikamentöse Therapie in Form von Sorafenib erhielten, überlebten durchschnittlich am kürzesten. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass Patienten von einem multimodalen Therapiekonzept profitieren, was sich auch hier in einem signifikant längeren medianen Überleben zeigte.

Die Arbeit dient als Grundlagenforschung im Bezug auf spezifische Merkmale des hepatozellulären Karzinoms. Die Ergebnisse spiegeln dabei repräsentativ das Patientengut einer Low-Endemic Area wider.

Insgesamt können die aus dieser Datenanalyse gewonnen Informationen in Zukunft dazu beitragen, neue Risikogruppen für das HCC herauszufiltern, eine optimale Therapiestrategie für jeden Patienten festzulegen und mögliche Einflussfaktoren auf das Überleben zu erkennen.