Z Gastroenterol 2017; 55(05): e1-e27
DOI: 10.1055/s-0037-1603030
Kategorie „Klinische Forschung“
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Optische Klassifikation von kolorektalen Polypen – Einsatz einer automatischen computergestützten Entscheidungshilfe (Die COACH Studie)

P Klare
1   Klinik für Innere Medizin II, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
,
J Renner
1   Klinik für Innere Medizin II, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
,
H Phlipsen
1   Klinik für Innere Medizin II, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
,
F Navarro-Avila
2   CAMP, Technische Universität München, München
,
Y Saint-Hill-Febles
2   CAMP, Technische Universität München, München
,
D Mateus
2   CAMP, Technische Universität München, München
,
N Navab
2   CAMP, Technische Universität München, München
,
RM Schmid
1   Klinik für Innere Medizin II, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
,
S von Delius
1   Klinik für Innere Medizin II, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
09 May 2017 (online)

 

Hintergrund:

Die endoskopische Klassifikation von kolorektalen Polypen bietet dem Koloskopiker die Möglichkeit bereits während der Koloskopie eine Vorhersage der histopathologischen Polypendiagnose anhand von definierten optischen Kriterien zu stellen. Als Hilfsmittel zur Klassifikation wird hierfür oftmals ein Bildmodus mit virtueller Kontrastverstärkung, z.B. der Narrow Band Imaging (NBI) Modus verwendet. In klinischen Studien konnte bereits eine hohe Treffergenauigkeit bei der optischen Unterscheidung zwischen Adenomen und hyperplastischen Polypen gezeigt werden. Dies gilt insbesondere für diejenigen Vorhersagen, die durch Experten auf dem Gebiet der optischen Polypencharakterisierung getroffen werden. Hingegen existieren einige Daten, die zeigen, dass die Qualität der optischen Charakterisierung stark untersucherabhängig ist und dass die mit der Materie unerfahrenen Koloskopiker nur eine geringe Trefferquote aufweisen. Technische Hilfsmittel zur Unterstützung der Kolsokopiker bei der Entscheidung über die optische Diagnose sind daher zu begrüßen. Ziel dieser Studie war die Erstellung eines Programms zur Computerbasierten Optische Polypenklassifikation (COP). Angestrebt war eine automatische (computergestützte) Einteilung von Polypen die Kategorien (i) neoplastischer Polyp (bzw. Adenom) und (ii) nicht-neoplastischer Polyp (kein Adenom) durch das COP anhand von endoskopischen Polypenfotografien.

Methodik:

Wir führten eine prospektive Studie an einem Universitätsklinikum in Deutschland durch. Die Untersuchungen wurden mittels Olympus® Evis Exera III Video-Koloskopen durchgeführt. Im Falle der Detektion von Polypen wurden Fotografien im HD-Weißlichmodus sowie im Narrow Band Imaging (NBI) Modus von den Polypen angefertigt. Alle detektierten Polypen wurden reseziert und zur histopathologischen Beurteilung eingesendet. Die histopathologische Diagnose diente als Goldstandard für die echte Polypendiagnose. In einer „Machine Learning“ (ML) Phase wurden die endoskopischen Bilder unter Angabe der histopathologischen Diagnose in ein Computerprogramm eingespeist. Die Areale der Fotografien, in welchen den Polypen dargestellt waren wurden händisch markiert, so dass dem Programm annotierte Beispiele zur Verfügung standen. In einer anschließenden Testphase wurde die Korrektheit der seitens des COP gestellten Diagnosen anhand von 90 zufällig ausgewählten Polypenbildern überprüft. Der Primäre Endpunkt war hierbei die Accuracy der optischen Vorhersage von Adenomen durch das Computerprogramm. Ein Experte auf dem Gebiet der optischen Polypencharakterisierung gab ebenfalls seine Vorhersagen zu denselben 90 Bildern ab.

Ergebnisse:

Insgesamt konnten 776 Bilder von kolorektalen Polypen im Rahmen der Machine Learning Phase eingespeist werden. In der Testphase wurden 90 Polypenbilder zufällig ausgewählt, hiervon zeigten 64 Adenome und 26 zeigten nicht-adenomatöse Polypen. Die Accuracy der COP betrug 82,2%. Der Negative Prädiktive Wert (NPW) betrug 69,2% und der Positive Prädiktive Wert (PPW) betrug 87,5%. Die Accuracy, sowie NNW und PPW der Vorhersage durch den Experten betrug 88,9%, 76,7% und 95,0%. Die Anzahl der fehlerhaften Vorhersagen unterschied sich nicht zwischen dem COP Programm und der Vorhersagen, des klinischen Experten (16 vs. 10; p = 0,203).

Schlussfolgerung:

Wir konnten zeigen, dass es möglich ist ein Computerprogramm zu erstellen, welches zur automatischen optischen Vorhersage von Polypendiagnosen befähigt ist. Die Qualität der COP lag in dieser Studie bereits in einem annehmbaren Bereich, verglichen mit den Vorhersagen durch einen Experten. Der nächste Entwicklungsschritt wäre die Weiterentwicklung einer COP, welche in der Lage ist in Echtzeit während der Koloskopie eine optische Polypendiagnose zu erstellen.