Pneumologie 2017; 71(06): 412-416
DOI: 10.1055/s-0037-1602725
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

B Gutbier
1   Berlin
,
M Rosenbruch
2   Wuppertal
,
P Reinhold
3   Jena
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
26 June 2017 (online)

 


Der nunmehr 20. Workshop des Arbeitskreises „Respiratorisches System“ der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG) fand im Rahmen des 58. Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) am 22. März in Stuttgart statt.

In Kooperation mit den Sektionen „Pathophysiologie und Aerosolmedizin“ sowie der Sektion „Zellbiologie“ der DGP gab es zum Hauptthema „Das Mikrobiom des Respirationstraktes“ sehr interessante Beiträge und lebhafte Diskussionen. Dabei wurden – wie immer bei den Workshops des Arbeitskreises – die Gegebenheiten der Human- und der Veterinärmedizin einerseits sowie die wissenschaftliche und die anwendungsorientierte Seite andererseits dargestellt.

Zum Einstieg gab Frau Bruder (Braunschweig/Magdeburg) eine sehr gute Übersicht zum aktuellen Wissensstand des humanen Lungenmikrobioms. Sie stellte die breite Diversität des Mikrobioms dar, das neben einer Vielzahl von Bakterien auch aus Pilzen, Viren und Phagen besteht. Es überraschte allerdings nicht, dass es bei den besiedelnden Mikroben eine große Schnittmenge zwischen Lunge und den oberen Atemwegen gibt. Interessant waren Ergebnisse neuester Studien, die zeigten, dass bei chronischen Lungenerkrankungen, wie der COPD, vermutlich eine Dysbiose maßgeblich bei der Entstehung einer Exacerbation beteiligt ist und dass/wie die Therapie (z.B. durch Antibiotika oder Steroide) das Mikrobiom beeinflusst.

Anhand von Feldstudien stellte Frau Müller (Berlin) die mikrobielle Situation im Respirationstrakt beim Kalb dar. Dabei betonte sie die vielseitigen Faktoren/Stressoren, die das Mikrobiom beeinflussen können, wie z.B. Betriebsmanagement, Genetik und Stallklima. Außerdem erläuterte sie, welche Bedeutung die Besiedlung der Lunge beim Bovinen respiratorischen Krankheitskomplex einnimmt, der ein großes Problem in der Kälberaufzucht darstellt.

Im zweiten Teil des Vormittages rückte das Schwein als Spezies in den Mittelpunkt. Hier stellte Herr Erhard (Potsdam) zunächst eine zusammenfassende Untersuchung vor, bei der das Keimspektrum der Nasenhöhle nicht nur per Kultivierung sondern zusätzlich mittels MALDI-TOF-Analyse charakterisiert wurde. Hintergrund dieser Erhebung war die Produktion von Stall spezifischen Vakzinen für verschiedene Schweinebestände.

Herr Reiner (Gießen) erläuterte in seinem Vortrag, was der Wirt selber den Mikroben im Respirationstrakt entgegenzusetzen hat. Einführend zeigte er die Probleme in der Schweinehaltung auf, die meist ursächlich für die PRRSV-(Porcines Respiratory and Reproductive Syndrome Virus) und die APP-Problematik (Akute Pleuro-Pneumonie) in vielen Betrieben sind. Dabei ist hervor zu heben, wie wichtig prophylaktische Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionserkrankungen sind. Neben der Optimierung der Haltungsbedingungen, könnte eine zusätzliche Prophylaxe im Einsatz von Schweinelinien bestehen, die Resistenzgene gegen Krankheitserreger tragen. Zu diesem Ansatz stellte Herr Reiner Studien zu PRRSV und APP vor, die vielversprechende Ergebnisse in Bezug auf die Erregereliminierung im Respirationstrakt dieser Tiere zeigten.

Auch einige freie Vorträge griffen das Thema Mikrobiom des Respirationstraktes auf und stellten Studien aus der Kleintiermedizin vor, die den nasalen Bereich von Hunden und Katzen untersuchten. Neben dem Vergleich des nasalen Mikrobioms bei normo- und brachyzephalen Hunderassen (Rösch, Leipzig), bei denen erste Ergebnisse auf eine unterschiedliche Keimbesiedlung schließen lassen, wurden in weiteren Studien zum einen beim Hund (Treß, München) und zum anderen bei der Katze (Dorn, München), das Keimspektrum im Vergleich zwischen gesunden Tieren und Tieren mit nasalen Erkrankungen charakterisiert.

Bei allen Studien wurde auch wieder die große Diversität des Spektrums deutlich, sowie die Tatsache, dass eine Vielzahl von äußeren Faktoren das Mikrobiom beeinflusst.

Anschließend wurde das Gebiet des Mikrobioms verlassen. Es folgten zwei interessante Beiträge zur Verwendung der Atemgasanalyse in der Veterinärmedizin. Dabei stellte Frau Küntzel (Jena, Rostock) einen Versuchsaufbau vor, der für Feldversuche am Rind getestet wurde und zur Diagnose von respiratorischen Erkrankungen mittels Atemgasanalyse verwendet werden soll. Eine weitere Nutzung dieses Verfahrens beim Pferd zum Nachweis von Medikationen über die Ausatmungsluft erläuterte Frau Klein (Bad Langensalza).

Zum Abschluss des Workshops wurden drei experimentelle Studien vorgestellt, die Ergebnisse zur systemischen Analyse von volatilen Organika zur metabolischen Charakterisierung von Mausmutanten (Kistler, München), zur Bedeutung von Angiopoietin-2 im Modell der murinen Pneumokokken-Pneumonie (Gutbier, Berlin) und die Verwendung der Raupe Galleria mellonella als Infektionsmodell für Pilzinfektionen (Exopphiala dermatitidis) (Olsowski, Essen) vorstellten.

Neben dem Workshop des Arbeitskreises fand – nun bereits zum dritten Mal – im Rahmen des Hauptprogrammes des Kongresses ein Symposion zum Thema „Der Mensch in Extremsituationen: Was können wir von den Tieren lernen?“ statt. Hier wurden jeweils in Doppel-Vorträgen vergleichend die Gegebenheiten des Schlafens, des Riechens und des Hörens beim Tier und beim Menschen sehr anschaulich und interessant dargestellt. Dabei kamen auch wieder einige Kuriositäten aus dem Tierreich zur Sprache.

Zusammenfassend lässt sich auch für dieses Jahr festhalten, dass der interdisziplinäre Ansatz des Arbeitskreises zu einem effektiven Austausch zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen/medizinischen Disziplinen in Human- und Veterinärmedizin führt und für jede Seite mit Erkenntnisgewinn verbunden ist.

Der 21. Workshop des Arbeitskreises wird am 14. März 2018 im Rahmen des 59. DGP-Kongresses in Dresden stattfinden.

Birgitt Gutbier (Berlin), Martin Rosenbruch (Wuppertal) und Petra Reinhold (Jena)