Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(05): 524-561
DOI: 10.1055/s-0037-1602288
Urogynäkologie & Gynäkologie II; Datum: Freitag, 16.06.2017, 8:00 bis 9:15 Uhr, Vorsitz: Vensa Bjelic-Radisic, Hermann Zoche
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Langzeitergebnisse alloplastischer Netze zur Zystozelenkorrektur: Anatomischer Erfolg und Lebensqualität im 36-Monats-Follow-up einer prospektiven Studie mit 289 Patientinnen

E Schnabel
1   Klinik Tettnang, Tettnang
,
M Mengel
2   Klinikum Oberlausitzer Bergland, Zittau
,
B Henne
3   St. Elisabeth-Krankenhaus, Leipzig
,
M Grebe
4   Städtisches Klinikum Friedrichstadt, Dresden
,
D Watermann
5   Diakoniekrankenhaus, Freiburg
,
C Fünfgeld
1   Klinik Tettnang, Tettnang
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
02 June 2017 (online)

 

Fragestellung:

Trotz guter Daten für die Langzeitstabilität wird der Nutzen alloplastischer Materialien in der Deszensuschirurgie wegen der netzinduzierten Risiken kontrovers diskutiert. Profitieren die Patientinnen tatsächlich von der Deszensuskorrektur mit einem alloplastischen Implantat oder überwiegen die Risiken? Um dies an einer großen Patientinnenanzahl zu überprüfen, wurden in einer prospektiven Studie 289 Patientinnen operiert und nun im 36 Monats-Follow-up untersucht.

Methodik:

In einer prospektiven multizentrischen Studie (ClinicalTrials.gov (NCT01084889) an 9 deutschen Kliniken wurden 292 Patientinnen mit einer symptomatischen Zystozele in die Studie eingeschlossen. 289 Patientinnen wurden operiert. Die Zystozelenkorrektur erfolgte mit einem titanisierten Polypropylennetz (TiLOOP® Total 6, pfm medical ag). Das anatomische Resultat wurde mittels POP-Q-System gemessen. Die Lebensqualität wurde mit der validierten deutschen Version des Fragebogens P-QoL erfragt. Es werden die allgemeine Gesundheitswahrnehmung, die Beeinträchtigung durch den Prolaps, die Rolleneinschränkung, die körperliche Einschränkung, die persönlichen Beziehungen inklusive Sexualität, die Emotionen, der Schlaf und andere Beeinträchtigungen mit einem vierstufigen Score erfasst.

Ergebnisse:

Es wurden 289 Patientinnen operiert, von denen 269 nach 36 Monaten erfasst werden konnten. Es kam nur in 4,5% der Fälle (12/269) zu einem Rezidiv einer Zystozele, davon mussten 4 erneut operiert werden. Die Lebensqualität besserte sich signifikant in allen 9 gemessenen Bereichen. Diese Verbesserung blieb über die Zeit nicht nur stabil, es kam sogar zu einer kontinuierlichen Verbesserung des Befindens gegenüber der 6 und 12-Monatskontrolle. Es wurde besonderes Augenmerk auf den Einfluss der Operation auf die Partnerschaft und Sexualität gelegt. Auch hier kam es zu einer signifikanten Verbesserung. Die OAB-Symptome Pollakisurie, imperativer Harndrang und Urgeinkontinenz besserten sich dauerhaft über den gesamten Untersuchungszeitraum. Zur 12 Monatskontrolle war bei 30 der 286 Patientinnen eine meist kleine Erosion sichtbar. Eine Explantation war in keinem Fall erforderlich. 47% aller Erosionen wurden als asymptomatisch beschrieben. Nur 43% der Erosionen einschließlich der Wunddehiszenzen bedurften eines chirurgischen Eingriffs in Narkose.

Schlussfolgerung:

Auch im Langzeit-Follow-up bei einer hohen Fallzahl zeigt sich in dieser Untersuchung mit einem modernen Netz (TiLOOP® Total 6) die erwartete Stabilität des anatomischen Ergebnisses mit einer sehr niedrigen Rezidivrate im operierten Kompartiment. Die intra- und perioperative Komplikationsrate ist niedrig. Es kommt durch die Zystozelenkorrektur zu einer hochsignifikanten Verbesserung der Lebensqualität in allen Bereichen. Diese Verbesserung hält im Verlauf der 3 Jahre an und nimmt sogar noch zu.