Gesundheitswesen 2017; 79(04): 299-374
DOI: 10.1055/s-0037-1602083
5. Mai 2017
Zukunftsforum ÖGD
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„One Health” – Das Potenzial der Zusammenarbeit zwischen Human- und Veterinärmedizin

M Tanner
1   Schweizerisches Tropen- und Public Health Institut, Basel
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Publication Date:
02 May 2017 (online)

 

Die Verbindungen zwischen Human- und Tiergesundheit sind vielfältig und gehen auf Jahrhunderte zurück. Im 20. Jahrhundert war es Calvin Schwabe, der 1976 – auf der Basis der Erkenntnisse der engen Verbindungen zwischen Mensch und Tier am Beispiel von nomadisch lebenden Bevölkerungen – das Konzept von „One Medicine“ einbrachte.

Mittels Fallstudien zeigen wir die Entwicklung von „One Medicine“ zu „One Health“ und wie wir „One Health“ in verschiedenen Situationen in Afrika, Asien und auch Europa erfolgreich umgesetzt und validiert haben. „One Health” ist heute als integraler Teil des ökosystemischen Gesundheitsansatzes zu sehen. Zoonoses sind sicher die wichtigsten Beispiele der untrennbaren Verbindung und des iterativen Zusammenwirkens von Mensch- und Tiergesundheit. Das wird besonders deutlich am Beispiel der Situation der afrikanischen Pastoralisten. Neben biomedizinischen Perspektiven müssen auch die institutionellen, legislativen wie kommunikativen Fragen der Verbindung von Human- und Veterinärmedizin neu überdacht werden. Dabei zeigt sich ein derzeit noch gewaltiges ungenutztes Potenzial, wie gemeinsame Gesundheitsdienste/-programme für Mensch und Tier geleistet werden können, was besonders bei den heutigen Mittelknappheiten (Gelder, Gesundheitspersonal) und der laufenden Gesundheitsreformen von größter Bedeutung ist.

Die Ausblicke und Herausforderungen für die kohärente Umsetzung des „One Health“-Ansatzes liegen auf verschiedenen Ebenen. Einerseits müssten wir zu einem umfassenderen theoretischen Ansatz zum Verständnis von Gesundsein und Wohlbefinden und den damit verbundenen Systemanforderungen in unterschiedlichen sozio-ökologischen Situationen gelangen. Andererseits gilt es, auf der praktischen Ebene die Überwachungssysteme, die Prozesse von Gesundheitsplanung und Prioritätensetzung sowie der Umsetzung und ökonomischen Bewertung von Gesundheitsinterventionen zu überdenken.

Wenn wir (i) kostenwirksame, systemische Public Health-Aktivitäten für die Bekämpfung der Zoonosen; insbesondere für die (wieder) auftauchenden, neuen oder vernachlässigten Infektionskrankheiten, (ii) ein umfassendes Wohlbefinden und (iii) nachhaltige Entwicklungen anstreben, wird das konsequente Umsetzen von „One Health“ auf der politischen wie praktischen Ebene zur unabdingbaren Voraussetzung.

Referenz::

Zinsstag, J., E. Schelling, D. Waltner-Toews, M. Whittaker, M. Tanner. 2015: One Health: The theory and practice of integrated health approaches. Wallingford: Centre for Agriculture and Biosciences International (CABI).