Gesundheitswesen 2017; 79(04): 299-374
DOI: 10.1055/s-0037-1602081
5. Mai 2017
Freie Themen – Versorgung 2
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gesundheitliche Vorausplanung für psychiatrische Patienten in palliativen Situationen

S Lacour-Krause
1   Landeshauptstadt München, Referat für Gesundheit und Umwelt, Abteilung Gesundheit und Pflege, München
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
02 May 2017 (online)

 

Zielsetzung::

Gesundheitliche Vorausplanung von psychiatrischen Patienten mit nicht heilbaren Erkrankungen ist eine drängende Aufgabe der Hospiz- und Palliativ-Versorgung im ambulanten und stationären Bereich. Psychische Erkrankungen gehören zu den häufigsten Krankheiten überhaupt und werden in Zukunft an gesellschaftlicher Bedeutung weiter zunehmen. Gleichzeitig liegt es in der Natur psychischer Krankheiten, dass die Betroffenen in ihren Möglichkeiten, ihre berechtigten Interessen durchzusetzen, benachteiligt sind. Die Weltgesundheitsorganisation WHO beschreibt den Begriff von „Palliative Care“ als die ganzheitliche Betreuung und Behandlung von Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen und/oder chronisch fortschreitenden Krankheiten. Damit sind also auch chronisch psychisch Kranke gemeint, wie Patienten mit schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankungen in einer palliativen Situation. Viele dieser Erkrankungen sind durch einen fluktuierenden Verlauf gekennzeichnet, bei dem sich in medizinischen Entscheidungssituationen Momente der Einwilligungsfähigkeit mit Phasen von krankheitsbedingter Einwilligungsunfähigkeit abwechseln können. Beispielhaft seien schwere manische oder depressive Episoden im Rahmen einer bipolaren Störung, akute psychotische Zustände bei Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis oder wiederholte schwere Intoxikationen bei Suchtmittelabhängigkeit genannt. Hinzu kommen Demenzerkrankungen, die durch einen fortschreitenden kognitiven Abbau zu einem zunehmenden und schließlich dauerhaften Verlust der Fähigkeit zu selbstbestimmten Entscheidungen im medizinischen Kontext führen.

Methode::

Um die Autonomie von Menschen mit psychischen Erkrankungen auch in Phasen von krankheitsbedingter Einwilligungsunfähigkeit zu erhalten, müssen sowohl im ambulanten wie auch im stationären Versorgungssetting der Psychiatrie brauchbare Instrumente der Vorausplanung zum Einsatz kommen.

Ergebnis::

Neben den seit 2009 in Deutschland gesetzlich verankerten Patientenverfügungen (§1901a Bürgerliches Gesetzbuch) steht dazu eine Vielzahl an mehr oder weniger unterschiedlichen Instrumenten und Ansätzen zur Verfügung, die unter anderem von Behandlungsvereinbarungen bis hin zum ‚Advanced Care Planning‘ (im Deutschen bekannt als ‚Gesundheitliche Vorausplanung‘) reichen.

Schlussfolgerung::

Trotz der Initiativen von psychiatrischen Kliniken, sozialpsychiatrischen Diensten u.a. zur weiteren Entwicklung von Instrumenten der Vorausplanung, gibt es in Deutschland immer noch einen großen Bedarf an der Einführung von standardisierten Patientenverfügungen zur Unterstützung der gesundheitlichen Selbstbestimmung aller Betroffenen.