Gesundheitswesen 2017; 79(04): 299-374
DOI: 10.1055/s-0037-1602080
5. Mai 2017
Freie Themen – Versorgung 2
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Daten für Taten“ in der Mundgesundheit: Präventionsrelevante Erkenntnisse durch die Verknüpfung von schulärztlichen und schulzahnärztlichen Daten

J Butler
1   Gesundheitsamt Bezirksamt Mitte von Berlin, Berlin
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Publication History

Publication Date:
02 May 2017 (online)

 

Zielsetzung::

Verschiedene Risikofaktoren, u.a. die soziale Lage sowie ein möglicher Migrationshintergrund, korrelieren mit der Prävalenz von Karies bei Kindern. Meist ist es jedoch nicht möglich, zwischen den Auswirkungen der einzelnen Faktoren zu differenzieren. Im Bezirk Mitte werden seit einigen Jahren Erkenntnisse für die Arbeit durch die Zusammenführung zweier Datenquellen im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung gesammelt.

Methode::

Durch die Verknüpfung der Schuleingangsuntersuchung (ESU) mit den ZÄD-Daten derselben Kinder konnten zahnärztliche Parameter der Kinder zusammen mit den Angaben aus der ESU analysiert werden. Dadurch können die Auswirkungen der sozialen Lage der Familie, ihrer ethnischen Herkunft, ihres Fernsehkonsums und eines Besuchs einer vorschulischen Einrichtung auf die Mundgesundheit der Kinder festgestellt werden.

Ergebnis::

Aus der Analyse der Angaben von ca. 17.500 Kindern zeigte sich eine starke Korrelation zwischen der Zugehörigkeit zur unteren sozialen Schicht und zu bestimmten Herkunftsgruppen (türkisch, arabisch, osteuropäisch) und der Prävalenz von Karies. Wenn ausschließlich die Kinder der unteren sozialen Schicht betrachtet werden, zeigten sich bei den Kindern osteuropäischer und arabischer Herkunft wesentlich höhere dmf/t-Werte. Insbesondere der längere Besuch einer vorschulischen Einrichtung erwies sich als förderlich für die Zahngesundheit. In einer multivariaten Analyse wurden hochsignifikante Effekte u.a. für die soziale Schicht, für einige Herkunftsgruppen, für einen längeren Kitabesuch sowie für unvollständige U-Untersuchungen auf die Karieserfahrung der Kinder festgestellt.

Schlussfolgerung::

Die Einbeziehung von Informationen aus der Schuleingangsuntersuchung in die Analyse der zahnärztlichen Befunde gibt neue Ansätze für die Prävention. Die Differenzierung nach Migrationshintergrund und sozialer Schicht zeigte auf, dass es über die soziale Lage hinaus offenbar kulturelle Einflussfaktoren auf die Mundgesundheit von Kindern gibt. Die Korrelation zwischen dem vorschulischen Einrichtungsbesuch und dem Vorhandensein von naturgesunden Zähnen – auch bei Kindern aus der unteren sozialen Schicht – zeigt die Wichtigkeit dieser Einrichtung, sowohl als Gelegenheit für Individualprävention (periodische Reihenuntersuchungen, Schulung der Mundhygiene) als auch als Setting für Primärprävention (wie gesunde Ernährung).