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DOI: 10.1055/s-0037-1602079
Das medizinische „first-line“ Versorgungskonzept von Geflüchteten in Hamburg – ein Beispiel für Integration der Geflüchteten in das Regelsystem
Publication History
Publication Date:
02 May 2017 (online)
Die medizinische Versorgung von Geflüchteten stellt das Gesundheitssystem über den reinen Infektionsschutz hinaus vor zahllose Herausforderungen. Die Flüchtlinge sind geprägt von Krieg, Hunger und Gewalt im Heimatland und den Erfahrungen der Flucht. Dazu kommen die neuen und anderen Lebenssituationen im Ankunftsland.
In Hamburg steht seit 2015 allen Geflüchteten in Erstaufnahmeeinrichtungen (EA) eine medizinische „first-line“-Versorgung durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) zur Verfügung. Die allgemeinmedizinisch-und pädiatrischen Sprechstunden wurden zunächst für primär nicht versicherte Flüchtlinge entwickelt, um die medizinische Versorgung nach dem AsylbLG zu gewährleisten: Kleine praxisartige Strukturen in den EA, die eng vernetzt mit dem Sozialmanagement sind und Dolmetscher vorhalten. Dieses System hat sich bewährt. Die Anzahl der Notarzt- und Rettungseinsätze ging deutlich zurück. Das Angebot wird von den Geflüchteten gut angenommen, das Angebot wird stark frequentiert. Im Sinne des Case Managements schaffen die Teams strukturierte Zugangswege zum Regelsystem. Das niedrigschwellige Versorgungssystem trägt maßgeblich zur Stabilität in den Einrichtungen bei. Aktuell sind über 90% der Geflüchteten in den EA bei der AOK-Bremen-Bremerhaven angemeldet. Zudem nehmen die Geflüchteten mit SGB II Status auf Grund der hohen Zahl an Überresidenten zu. Das medizinische Versorgungssystem steht deshalb jetzt vor der Aufgabe, sich den veränderten Verhältnissen anzupassen.
Das Regelversorgungssystem ist bislang weder qualitativ noch quantitativ an die – absehbar langfristig erhöhten – Bedarfszahlen im ambulanten Bereich angepasst worden. Die extrabudgetäre Vergütung der niedergelassenen Ärzte hat zu keiner spürbaren Entspannung der Versorgungssituation geführt.
Mit diesem Vortrag soll am Beispiel der Erfahrung in Hamburg ein Impuls gesetzt werden, um die regional sehr unterschiedlich gestalteten Versorgungskonzepte unter dem Aspekt der medizinischen Integration kritisch zu diskutieren, einen weiteren Austausch anzuregen und eine intensivere Vernetzung der Akteure im ÖGD zu fördern.