Gesundheitswesen 2017; 79(04): 299-374
DOI: 10.1055/s-0037-1602048
4. Mai 2017
Gesund aufwachsen für alle
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Standards zur Primärprävention bei Flüchtlingen

Authors

  • C Groffik

    1   Landeshauptstadt München, Referat für Gesundheit und Umwelt, München
  • S Frey

    1   Landeshauptstadt München, Referat für Gesundheit und Umwelt, München
  • A Pavlova

    1   Landeshauptstadt München, Referat für Gesundheit und Umwelt, München
  • W Schimana

    1   Landeshauptstadt München, Referat für Gesundheit und Umwelt, München
Further Information

Publication History

Publication Date:
02 May 2017 (online)

 

Zielsetzung::

Flüchtlinge haben oft einen unklaren Impfstatus und stellen damit eine Risikogruppe dar. Ein Pilotprojekt in Münchener Gemeinschaftsunterkünften (GU) lieferte hierzu 2013 konkrete Ergebnisse: Lediglich 18% der Erwachsenen aber 73% der Kinder hatten ein Impfdokument, 1,5% bzw. 43,5% hatten einen vollständigen Impfstatus. Die gesetzlichen Grundlagen für Impfungen bei Flüchtlingen durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst ergeben sich aus dem Asylbewerberleistungsgesetz in Verbindung mit den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO). Uns stellte sich die Frage: Wie können die gesetzlichen Vorgaben nach den STIKO-Empfehlungen in einer Stadt mit über 2.000 Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen und ca. 8.000 in Gemeinschaftsunterkünften umgesetzt werden?

Methode::

a) Durchführung von Impfungen im Anschluss an die Untersuchung nach §62 Asylgesetz, b) Durchführung von Impfungen im Rahmen eines Recalls, c) Impfbuchkontrollen in GU im Stadtgebiet und Durchführung von Impfungen im Rahmen eines Recalls, d) Impfungen von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (umA) im Anschluss an die Tuberkuloseausschlussuntersuchung. Für die Varianten a-d wurden standardisierte Vorgehensweisen entwickelt, wie Anamnesebogen in Landessprache, Zuhilfenahme von Dolmetschern, Erfassung der vorhandenen und durchgeführten Impfungen mittels EDV-System, Aufbau einer Datenbank. Absprachen mit anderen Abteilungen, Heimleitungen und Sicherheitsdiensten rundeten die Abwicklung ab.

Ergebnis::

Von Januar bis September 2016 wurden 1.174 Asylbewerber bei deren Ankunft mit 1.927 Impfungen, schwerpunktmäßig MMR und Varizellen, versorgt (Stand 30.9.16). An den Recall-Impfungen nahmen ca. 100 Personen teil. In den GU wurden 1.825 Personen gesehen, von denen 62 (3,4%) vollständig geimpft waren (Stand 30.816). An den Recall-Impfungen der GU nahmen 582 Personen teil (Stand 30.9.2016), für eine höhere Teilnahme ist der Motivationsaufwand größer. Bei 359 umA wurden 697 Impfungen durchgeführt (Stand 4/2016). Die zur Komplettierung des Impfstatus angestrebte Beteiligung der Regelversorgung gestaltete sich schwierig. Dolmetscher sind in allen Bereichen unabdingbar.

Schlussfolgerung::

Durch standardisiertes Vorgehen können die Flüchtlinge erreicht und durch den ÖGD geimpft werden. Das verstärkte Zuführen in das hausärztliche Versorgungssystem ist notwendig und möglich.