Gesundheitswesen 2017; 79(04): 299-374
DOI: 10.1055/s-0037-1601996
4. Mai 2017
Postersession „Kinder- und Jugendgesundheitsdienst“
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wahrnehmungen, Einstellung, Verhalten und Akzeptanz bezüglich Impfungen bei Allgemeinmedizinern sowie Kinder- und Jugendärzten in Baden Württemberg, 2016

N Ouédraogo
1   Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Stuttgart
,
G Pfaff
1   Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Stuttgart
,
E Aichinger
1   Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Stuttgart
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
02 May 2017 (online)

 

Impfungen gehören zu den wirksamsten medizinischen Vorsorgemaßnahmen. Jedoch liegen Impfquoten bei der Schuleingangsuntersuchung in Baden-Württemberg unter dem Bundesdurchschnitt. Bisher ist wenig über die Ursachen bekannt. Diese Studie untersucht die Wahrnehmungen, Einstellungen, Verhalten von Allgemeinärzten/Kinderärzten bezüglich Impfungen und deren Akzeptanz für Impfleistungen basierend auf einem Ratgeber für maßgeschneiderte Impfprogramme (TIP = Tailoring-Immunization-Programmes) vom Europäischen Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation. Ziel der Untersuchung war es, Hinweise auf Möglichkeiten zur Verbesserung des Impfschutzes in Baden-Württemberg zu gewinnen.

Ausgehend von der Masern-Impfquote mit zwei Dosen aus der Schuleingangsuntersuchung wurden sechs Land-/Stadtkreise ausgewählt, darunter fünf mit einer Impfquote unter und einer mit einer Impfquote über dem Landesdurchschnitt (88.4%). Alle an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte/Kinderärzte aus diesen Kreisen (ca. 1.149) mit veröffentlichter Postadresse in der Mitgliederliste der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) wurden mittels eines anonymisierten papierbasierten Fragebogens befragt.

Die Rücklaufquote betrug 40% (459/1.149). Befragungsteilnehmer betrachten die Furcht vor Nebenwirkungen (86%) und das Versäumen von Impfterminen (76%) als die häufigsten Gründe für Impflücken in Baden-Württemberg. Etwa 18% der Teilnehmer verwenden ein elektronisches Erinnerungssystem für Impftermine. Zwei Drittel der Teilnehmer zeigten eine positive Einstellung zu Impfungen und vier Fünftel ein unterstützendes Verhalten gegenüber Impfungen. Die Akzeptanz von Impfleistungen war hoch bei 38%, mittel bei 51% und niedrig bei 11% der Teilnehmer. Ausgenommen der Einstellung [65% vs. 85% (p = 0,048)] bestand kein statistisch signifikanter Unterschied bei den untersuchten Zielvariablen zwischen den Kreisen mit Masernimpfquote unter und über dem Landesdurchschnitt. Der Anteil der Kinderärzte mit unterstützendem Verhalten war viel höher als der Anteil der allgemeinen Mediziner (89% vs. 79%) (p = 0,038).

Bedenken von Eltern über die Sicherheit von Impfungen sowie Versäumnis von Impfterminen sind als wesentliche Erklärung für Impflücken in Baden-Württemberg anzusehen. Intensivierte Weiterbildungen von Allgemeinärzten/Kinderärzten über Kommunikationsstrategien bezüglich der Sicherheit von Impfungen sowie eine verstärkte Nutzung von elektronischen Erinnerungssystemen für Impftermine sind ein Ansatzpunkt für die Verbesserung von Impfquoten.