Gesundheitswesen 2017; 79(04): 299-374
DOI: 10.1055/s-0037-1601948
3. Mai 2017
Humanbiomonitoring
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

HBM auf Weichmacher

W Völkel
1   Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
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Publication Date:
02 May 2017 (online)

 

Das Human-Biomonitoring hat im arbeits- und umweltmedizinischen Bereich große Bedeutung erlangt. Mittlerweile stehen viele nachweisstarke Analysenmethoden zur Verfügung, um Fremdstoffe und deren Metabolite in sehr geringen Mengen nachzuweisen. Dies spiegelt sich auch in der Anzahl an Publikationen wider, die seit vielen Jahren steigt. Dadurch entsteht häufig der Eindruck, dass die Belastung des Menschen mit Fremdstoffen im Anstieg begriffen ist. Die Kenntnis von kinetischen Daten und Daten zum Metabolismus sind für die Abschätzung der Exposition erforderlich. Anhand dieser Daten kann aus der Konzentration im Urin oder Blut auf die tägliche Belastung rückgerechnet werden.

Anhand der Dosis eines aufgenommenen Fremdstoffes und der Bestimmung des spezifischen Biomarkers ist eine gesundheitliche Bewertung für den Mensch noch nicht möglich. Es ist daher nötig, HBM-Daten toxikologisch zu bewerten. Nur der Abgleich von nachgewiesenen Konzentrationen mit den Konzentrationen, die in Studien mit toxikologischen Wirkendpunkten gemessen wurden, ermöglicht es, HBM-Daten gesundheitlich zu bewerten.

Leider werden häufig die gewonnenen Expositionsdaten mit anderen individuellen Daten zum Gesundheitszustand, z.B. Krankheitsdaten der Person, verknüpft. Dargestellte Korrelationen zwischen gesundheitlichen Effekten, die zum Zeitpunkt der Probenahme erhoben wurden, mit der Höhe der Konzentration in der Probe sind nur in seltenen Fällen nicht sinnvoll interpretierbar. Dies gilt in besonderer Weise für gesundheitliche Effekte, die keine Akuteffekte darstellen, sondern eine jahrelange Vorgeschichte (chronische Erkrankung) haben.

Weshalb der Nachweis eines Fremdstoffes im Menschen nicht per se mit gesundheitlichen Effekten in Verbindung zu bringen ist und warum medienwirksame Korrelationen zwischen Fremdstoffen im Menschen und Volkskrankheiten wie Diabetes Mellitus mit Vorsicht zu interpretieren sind, soll im Vortrag am Beispiel ausgewählter Weichmacher erläutert werden.