Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(04): 406-429
DOI: 10.1055/s-0037-1601543
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Besondere Fall: Pyoderma Gangränosum im Intervall nach DCIS

A Musik
1   DRK-Krankenhaus Chemnitz-Rabenstein, Chemnitz, Deutschland
,
J Schnabel
1   DRK-Krankenhaus Chemnitz-Rabenstein, Chemnitz, Deutschland
,
M Tolkmitt
1   DRK-Krankenhaus Chemnitz-Rabenstein, Chemnitz, Deutschland
,
T Christoph
1   DRK-Krankenhaus Chemnitz-Rabenstein, Chemnitz, Deutschland
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
06 April 2017 (online)

 

Einleitung:

Das Pyoderma gangränosum wird als kutane Manifestation einer generalisierten Entzündungsreaktion verstanden. Mit einer geschätzten Inzidenz von 0,3 – 1/100000 Einwohner ist diese Erkrankung sehr selten, stellt aber aufgrund der raschen Progredienz mit schlechten kosmetischen Ergebnissen, insbesondere nach chirurgischen Eingriffen eine große therapeutische Herausforderung dar.

Kasuistik:

Die Vorstellung der 24-jährigen Patientin erfolgte notfallmäßig aufgrund von Schmerzen, Pruritus und blutigen Absonderungen im Bereich der rechten Areola mammae. Die Patientin wurde vier Jahre vorher aufgrund eines hormonrezeptorpositiven DCIS G2 rechtsseitig subkutan mastektomiert, primär mittels Implantateinlage rekonstruiert, bestrahlt und adjuvant endokrin mit Tamoxifen therapiert. Aus kosmetischen Gründen und aufgrund einer Kapselfibrose Baker III erfolgten im Anschluss mehrere Operationen beidseits mit unauffälligen Histologien. Bei der Aufnahmeuntersuchung fand sich ein ekzematös veränderten Mamillen-Areola-Komplex rechts, sonographisch zeigen sich keine Besonderheiten. Die entnommene Punch-Biopsie der Areola zeigt Befunde, die an eine toxisch irritative Kontaktdermatitis denken lassen. Besonders litt die Patientin unter den Schmerzen, welche ein intravenöses Schmerzmittel erforderlich machten. Die Patientin wurde dermatologisch mit Mepithel-Auflagen behandelt und antibiotisch abgeschirmt. Aufgrund der zu verzeichnenden Befundvergrößerung wurde die Lokalbehandlung auf Betametasonsalbe 0,1% umgestellt. Im weiteren Verlauf zeigte sich eine nochmalige Befundvergrößerung sowie eine zweites ulceriertes Areal kaudal der Mamille, woraufhin der Entschluss zur Entfernung des Implantats erfolgte. Bei klinischen Verdacht auf ein Pyoderma gangränosum erfolgte unter hochdosierter Prednisolongabe von 100 mg/d nur der kleinstmögliche Eingriff. Bei nun erstaunlich gutem Abheilen von OP-Wunde und Mamillen-Areola-Komplex konnte das Kortison schrittweise reduziert werden. Dies bestätigt retrograd die gestellte Diagnose eines Pyoderma gangränosum, für die es keine eindeutigen histologischen Kriterien gibt.

Schlussfolgerung:

Das Pyoderma gangränosum kann auch im Intervall nach brustchirurgischen Eingriffen, wie in diesem Fall durch eine Kratzexkoreation ausgelöst, auftreten. Diagnoseweisend war hier die rasch progrediente Ulzeration verbunden mit sehr starken Schmerzen. Ein Pyoderma gangränosum sollte stets differentialdiagnostisch bei Wundheilungsstörungen, Verdacht auf Lokalrezidiv maligner Mammaerkrankungen oder unklaren Hautveränderungen erwogen werden.