Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(04): 406-429
DOI: 10.1055/s-0037-1601514
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Miller-Dieker-Syndrom

L Gräfe
1   Klinik für Geburtsmedizin, Universitätsklinikum Jena
,
U Schneider
1   Klinik für Geburtsmedizin, Universitätsklinikum Jena
,
C Springer
2   Frauenklininik, St. Elisabeth-Krankenhaus Leipzig
,
D Huhle
3   Praxis für Humangenetik, Zwickau
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Publication Date:
06 April 2017 (online)

 

Das Miller-Dieker-Syndrom ist ein seltenes Krankheitsbild (< 1,2:100.000 Lebendgeburten), bei dem die Gyrierung des Gehirns infolge einer mangelhaften neuronalen Zellmigration ausbleibt. Ursächlich ist eine Chromosomenaberration mit Mikrodeletionen im terminalen kurzen Arm von Chromosom 17. Die Großhirnoberfläche stellt sich sonographisch durch fehlende Gyrierung dar. Initial kann sich dieses Syndrom durch ein Polyhydramnion äußern. Assoziierte Fehlbildungen sind u.a. Hydrozephalus, Mikrozephalus, CC-Agenesie, kardiale, gastrointestinale, Fehlbildungen des Harntraktes und der Extremitäten. Kinder, die lebend geboren werden, haben meist schwere geistige Behinderungen und eine eingeschränkte Lebenserwartung von wenigen Jahren, die geprägt sein können von Krampfanfällen und muskulärer Hypotonie. Die Pränataldiagnostik stellt sich schwierig dar. Eine ACT kann zur Gendiagnostik herangezogen werden.

Die stationäre Aufnahme der Patientin erfolgte zur weiteren Abklärung einer fetalen IUGR mit erhöhten Dopplerwerten in der A. umbilicalis und Polyhydramnion.

Sonographisch stellte sich der Verdacht auf eine schwere Entwicklungsstörung des Kindes mit Reifungsrückstand des Gehirns und IUGR (1068 g), < 3. Perz. Es zeigten sich eine auffallend glatte Oberfläche der Großhirnrinde, erweiterte äußere Liquorräume und eine grenzwertige Ventrikulomegalie, der Balken war darstellbar. Ebenso waren symmetrische Verkürzungen aller langen Röhrenknochen sichtbar. Im Befund der ACT ergab sich eine Mikrodeletion am p-Arm des Chromosoms 17. Dies entspricht klinisch dem Miller-Dieker-Syndrom. Laborchemisch ergaben sich weiter keine Auffälligkeiten. Ein fetales MRT zeigte eine deutlich reduzierte, flache Hirngyrierung. Ein perinatologisches Konsil zur Besprechung des weiteren Procedere war angedacht. Die Patientin stellte sich jedoch zwischenzeitlich mit dem V.a. IUFT vor. Dieser wurde ultrasonographisch bestätigt. In der 31+1 SSW erfolgte nach oraler Prostaglandineinleitung die Spontangeburt eines avitalen, weiblichen Feten (970 g, 35 cm).

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Diagnose aufgrund der erst im III. Trimenon ausgebildeten Gyrierung meist spät erfolgt. Die Feindiagnostik ist häufig unauffällig. Eine frühzeitige Diagnosestellung ist daher meist unmöglich. Die Prognose dieses Krankheitsbildes ist äußerst ungünstig und meist ist mit dem intrauterinen Versterben des Kindes oder mit einem Überleben von nur wenigen Jahren zu rechnen.