Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(04): 406-429
DOI: 10.1055/s-0037-1601508
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fallvorstellung einer seltenen postpartal diagnostizierten symptomatischen Epilepsie

M Neubert
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Technische Universität Dresden
,
K Nitzsche
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Technische Universität Dresden
,
J Winkler
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Technische Universität Dresden
,
P Wimberger
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Technische Universität Dresden
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Publication History

Publication Date:
06 April 2017 (online)

 

Zielsetzung:

Epilepsien sind eine häufige neurologische Erkrankung mit einer Prävalenz von ca. 0,7 – 0,8%. Bei Erstdiagnose eines fokalen epileptischen Anfalls im Erwachsenenalter sollte stets an eine symptomatische Epilepsie gedacht werden, da eine gezielte zeitnahe Therapie oft entscheidend für die Prognose des Patienten sind. Eine Ursache fokaler Epilepsien können hirneigene Tumore und Metastasen sein. Das klinische Bild ist abhängig vom betroffenen Areal und reicht von Sensibilitätsstörungen bis hin zu Sprachstörungen und Paresen. Differentialdiagnostisch sollte bei Schwangeren und postpartalen Patienten ein eklamptischer Anfall ausgeschlossen werden.

Materialien und Methoden:

Es erfolgt eine Fallvorstellung zur Veranschaulichung eines postpartal diagnostizierten hirneigenen Tumors einer 40-jährigen Patientin mit rechtsseitig betonten fokalen epileptischen Anfällen.

Ergebnisse:

Nach unkomplizierter Spontangeburt eines reifen weiblichen Neugeborenen bot die bis zum Ereignis gesunde Patientin am ersten postpartalen Tag einen fokalen rechtsseitig betonten epileptischen Anfall. Klinisch zeigte sie eine Artikulationsstörung im Sinne einer verwaschenen, verlangsamten Sprache mit Mundastschwäche. Die Patientin berichtete, dass solche Ereignisse bereits dreimal präpartal im Laufe der letzten sieben Tage aufgetreten waren. Die Dauer betrug maximal 1 – 2 Minuten und die Anfälle sistierten stets von allein. Es erfolgte eine bildgebende Diagnostik mittels cCT und cMRT. Hier stellte sich der dringende Verdacht auf ein hirneigenen Tumor insulär und temporofrontal links unter Einbeziehung des Broca-Areals. Gliome sind ein vielfältiges Krankheitsbild mit einer Inzidenz von 5 – 6/100.000 Einwohner. Möglichkeiten zur Früherkennung gibt es nicht und lediglich in einigen seltenen hereditären Syndromen wie z.B. die Neurofibromatose Typ I gibt es eine genetische Vorbelastung.

Das durchgeführte EEG der Patientin zeigte einen Normalbefund. Wir begannen die antiepileptische Therapie mit Levetiracetam. Während des stationären Aufenhaltes ereigneten sich die Anfälle 1 – 2 mal täglich. Eine Generalisierung hat nicht stattgefunden. Geplant ist die zeitnahe neurochirurgische Resektion und anschließende Strahlentherapie. Eine genaue Diagnose und abschließende Aussage über die Prognose der Patientin ist erst postoperativ nach Eingang des histologischen Befundes möglich.

Zusammenfassung:

Dieser Kasus beschreibt eine peripartal erstmals aufgetretene symptomatische fokale Epilepsie aufgrund eines neu diagnostizierten am ehesten links hemisphärischen ausgedehnten Inselglioms. Dies zeigt, dass auch bei dezenten neurologischen Symptomen bei einem neu aufgetretenen fokalen epileptischen Anfall an eine symptomatische Epilepsie gedacht werden muss.