Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(04): 406-429
DOI: 10.1055/s-0037-1601507
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Retrospektive Analyse transfusionspflichtiger peripartaler Blutungen und Festlegung eines klinikinternen Standards zur Bereitstellung von Blutprodukten

J Winkler
1   Klinik und Poliklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Dresden
,
W Lorenz
2   Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitätsklinikum Dresden
,
P Wimberger
1   Klinik und Poliklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Dresden
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Publication History

Publication Date:
06 April 2017 (online)

 

Die peripartale Blutung ist weltweit eine der Hauptursachen maternaler Mortalität und stellt durch einen sehr raschen und ausgeprägten Blutverlust einen Notfall dar, der ein striktes Management verlangt. Die Transfusion von Blutprodukten ist ein wichtiger Bestandteil im Management der peripartalen Blutung.

Im Rahmen dieser Studie wurden peripartale Risikokonstellationen mit Transfusionsbedarf identifiziert und die Daten zur Festlegung eines klinikinternen Standards zur Bereitstellung von Blutprodukten verwendet.

Es erfolgte die retrospektive Datenanalyse aller im Jahr 2014 am Universitätsklinikum Dresden peripartal transfundierten Patientinnen. Weiterhin wurden Mehrlingsschwangerschaften aus den Jahren 2015 und 2016 ausgewertet. Dabei wurden Risikofaktoren, intra- und peripartaler Verlauf, dokumentierter Blutverlust, Indikation und Zeitpunkt der Transfusion, Anzahl und Art der transfundierten Blutprodukte sowie der Hb-Wert nach Transfusion erfasst.

Bei 2399 Geburten im Jahr 2014 wurden insgesamt 66 Patientinnen transfundiert. Es wurden Erythrozytenkonzentrate, Thrombozytenkonzentrate, Fresh Frozen Plasma und Fibrinogen appliziert. Insgesamt wurden 150 Erythrozytenkonzentrate und 15 Blutprodukte transfundiert. Bei Patientinnen mit der Diagnose Plazenta increta/percreta oder Plazenta prävia sowie einer vorzeitigen Plazentalösung bestätigte sich die bekannt hohe Transfusionswahrscheinlichkeit. Mit der Indikationsstellung zur manuellen und instrumentellen Nachtastung bei Plazentaretention oder unvollständiger Plazentalösung betrug die Wahrscheinlichkeit einer nachfolgenden Transfusion 16%. Interessanterweise betrug die Transfusionswahrscheinlichkeit bei einer Mehrlingsentbindung nur 6%.

Durch die Transfusionsmedizin wird die Bereitstellung von Blutprodukten ab einer Transfusionswahrscheinlichkeit von 10% gefordert. Diese Grenze wurde für die Festlegung des klinikinternen Standards verwendet. Damit besteht für die Durchführung von Re- oder Re-Re-Sectiones sowie die Entbindung von Mehrlingen in unserer Klinik keine Indikation zur Bereitstellung von Blutprodukten. Hingegen werden bei der Indikationsstellung zur Nachtastung Erythrozytenkonzentrate eingekreuzt. In der Festlegung des Standards wurden weitere Risikofaktoren wie z.B. eine massive Uterusüberdehnung oder Z.n. Atonie berücksichtigt. Zusätzlich wurden Risikokonstellationen ermittelt bei denen die präpartale Bestimmung der Blutgruppe in der Klinik für Transfusionsmedizin erfolgt.

Durch die Erstellung des klinikinternen Standards konnte das Personal für das Management der peripartalen Blutung sensibilisiert und durch einen einheitlichen Handlungsalgorithmus die Sicherheit der Patientinnen erhöht werden.