Rofo 2017; 189(S 01): S1-S124
DOI: 10.1055/s-0037-1600454
Vortrag (Wissenschaft)
Thoraxradiologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Thorax-Röntgenuntersuchung von Flüchtlingen: eine Notwendigkeit?

J Weinrich
1   Zentrum für Radiologie und Endoskopie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin, Hamburg
,
D Roland
2   LungenClinic Großhansdorf, Pneumologie, Hamburg
,
M Sauer
1   Zentrum für Radiologie und Endoskopie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin, Hamburg
,
H Frank Oliver
1   Zentrum für Radiologie und Endoskopie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin, Hamburg
,
K Meywald-Walter
3   Gesundheitsamt Hamburg-Mitte, Tuberkulosebekämpfung, Hamburg
,
G Adam
1   Zentrum für Radiologie und Endoskopie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin, Hamburg
,
P Bannas
1   Zentrum für Radiologie und Endoskopie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin, Hamburg
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Further Information

Publication History

Publication Date:
23 March 2017 (online)

 

Zielsetzung:

Das Infektionsschutzgesetz sieht für alle nach Deutschland kommenden Asylsuchenden, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, mit Ausnahme von Schwangeren, eine verpflichtende Thorax-Röntgenuntersuchung zum Ausschluss einer Lungentuberkulose (LT) vor. Ziel dieser Studie war es, die Anzahl der detektierten Fälle von aktiven LT während der Flüchtlingskrise 2015 in Hamburg zu ermitteln.

Material und Methodik:

Es wurden alle Thorax-Röntgenuntersuchungen von Flüchtlingen, die 2015 in Hamburg am Screening teilnahmen, ausgewertet. Hieraus wurde die Prävalenz, die number needed to screen (wie viele Röntgenaufnahmen nötig sind um eine aktive TB zu detektieren) und die Genauigkeit des Röntgenbildes eine aktive LT zu erkennen, bestimmt. Als Referenzmethode galt, das für Krankenhäuser und Labore verpflichtende, Tuberkulose-Melderegister des Gesundheitsamtes. Hiermit konnte die Anzahl der in Hamburg als Tuberkulose gemeldeten Fälle ermittelt und mit dem Screening abgeglichen werden.

Ergebnisse:

Insgesamt wurden 17 487 Flüchtlinge im Rahmen des Screenings geröntgt. Die Prävalenz der aktiven Tuberkulose betrug hierbei 0,103%. Es waren 1749 Thorax-Röntgenuntersuchungen notwendig um eine aktive LT zu detektieren. Die Thorax-Röntgenuntersuchung zeigte hierbei eine Sensivität von 55,6% (95%-Konfidenzintervall (KI): 30,8 – 78,5) und eine Spezifität von 98,3% (KI: 98,1 – 98,5) in der Erkennung einer aktiven Tuberkulose.

Schlussfolgerungen:

Trotz einer hohen Spezifität zeigte sich bei der Reihen Thorax-Röntgenuntersuchung während der Flüchtlingskrise 2015 eine niedrige Prävalenz der aktiven LT. Aufgrund der hohen number needed to screen, erscheint es sinnvoll das aktuell auf Röntgenuntersuchungen basierende Screening kritisch zu betrachten und weitere Screening-Maßnahmen zu diskutieren. Es benötigt weiterer Daten um die vorgestellten Ergebnisse zu verstärken.