Pneumologie 2017; 71(04): 233-244
DOI: 10.1055/s-0037-1600151
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ab welchem Polygrafie-AHI ist symptomatischen und asymptomatischen kardiovaskulär vorerkrankten Patienten zu einer weitergehenden Diagnostik in Form einer Polysomnografie zu raten? Kann die Polygrafie in der Klientel der kardiovaskulär vorerkrankten Patienten mit hoher Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer obstruktiven Schlafapnoe die Polysomnografie in der Erstdiagnostik ersetzen wie es die aktuellen Leitlinien vorsehen?

S Herkenrath
1   Krankenhaus Bethanien gGmbH Solingen
,
A Castrogiovanni
1   Krankenhaus Bethanien gGmbH Solingen
,
T Fritz
2   Universitätsklinik Köln, Herzzentrum
,
M Halbach
2   Universitätsklinik Köln, Herzzentrum
,
D Steven
1   Krankenhaus Bethanien gGmbH Solingen
,
S Baldus
1   Krankenhaus Bethanien gGmbH Solingen
,
I Kietzmann
1   Krankenhaus Bethanien gGmbH Solingen
,
M Treml
1   Krankenhaus Bethanien gGmbH Solingen
,
WJ Randerath
1   Krankenhaus Bethanien gGmbH Solingen
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
13 April 2017 (online)

 

Einleitung:

In den neuen Leitlinien ist vorgesehen, dass die Polygrafie im Falle einer Koexistenz von Tagesschläfrigkeit, Schnarchen sowie fremdbeobachteter Atempausen die Polysomnografie in der Erstdiagnostik einer obstruktiven Schlafapnoe ersetzen kann. Ist dieses Vorgehen auch in der Subgruppe kardiovaskulär vorerkrankter Patienten gerechtfertigt?

Methoden:

Wir präsentieren eine prospektive, monozentrische, nicht-interventionelle Studie und untersuchten 90 Patienten mit kardiovaskulärer Grunderkrankung in klinisch stabilem Zustand hinsichtlich des Vorliegens einer schlafbezogenen Atmungsstörung. Alle Probanden wurden gebeten, Fragen zu Tagesschläfrigkeit, Schnarchen und fremdbeobachteten Atempausen zu beantworten. Außerdem wurden alle Probanden angehalten, sich einer Polygrafie sowie additiver Polysomnografie zu unterziehen. Die Ergebnisse mit den resultierenden Patientenzahlen wurden hierarchisch basierend auf den aktuellen Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen bei Erwachsenen dargestellt (S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf). Das Vorliegen einer Schlafapnoe wurde bei vorliegender Symptom-Trias (= hoher Vortestwahrscheinlichkeit) als PSG-AHI≥5/h definiert. Bei fehlender Symptom-Trias (= niedriger Vortestwahrscheinlichkeit) wurde die Schlafapnoe als PSG-AHI≥15/h definiert. Das Vorliegen von mehr als 50% obstruktiven respiratorischen Ereignissen entsprach einer obstruktiven Schlafapnoe (OSA), mehr als 50% zentrale respiratorische Ereignisse wurden als zentrale Schlafapnoe (ZSA) definiert.

Ergebnisse:

Bei n = 28 Patienten lagen eine auswertbare Polygrafie und Polysomnografie sowie vollständige Angaben zur schlafmedizinischen Anamnese vor. Zunächst fällt ein sehr hoher Anteil von Patienten (24/28) mit niedriger Vortestwahrscheinlichkeit auf. In dieser Subgruppe ist der Anteil von Patienten mit Schlafapnoe und damit die entsprechende Falsch-Negativ-Rate (16/24) jedoch sehr hoch. Die Polygrafie kann bei niedrigschwellig angesetzter PG-AHI-Grenze (5/h) alle Schlafapnoe-Patienten korrekt identifizieren, falsch positiv sind lediglich 6/28. Bei hoch angesetzter PG-AHI-Grenze von 15/h ist gegenüber der PSG bereits mit einem relevanten Falsch-Negativ-Anteil zu rechnen (7/28).

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Abb. 1: Hierarchische Darstellung der Patientenzahlen mit PG-AHI-Grenze bei ≥5/h
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Abb. 2: Hierarchische Darstellung der Patientenzahlen mit PG-AHI-Grenze bei ≥10/h
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Abb. 3: Hierarchische Darstellung der Patientenzahlen mit PG-AHI-Grenze bei ≥15/h

Diskussion:

Vor allem ist für diese Klientel zu empfehlen, auch bei niedriger Vortestwahrscheinlichkeit ein Verfahren zur Erfassung schlafbezogener Atmungsstörungen ergänzend durchzuführen. Auch unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte erscheint die ergänzende Durchführung einer PSG ab einem PG-AHI > 5/h sinnvoll, da die Gruppe der falsch positiven verhältnismäßig gering ist (6/28).

Sofern wir aufgrund der geringen Patientenzahl mit hoher Vortestwahrscheinlichkeit eine Aussage treffen können, ist der Verzicht einer PSG zur Diagnosestellung einer OSA bei Vorliegen der Symptom-Trias gerechtfertigt, sofern man eine PG-AHI-Grenze von 5/h zugrunde legt.