Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2016; 26 - A33
DOI: 10.1055/s-0036-1593928

Frührehabilitation im Akutkrankenhaus am Beispiel Intensivstationen

K Pieber 1
  • 1Universitätsklinik für physikalische Medizin und Rehabilitation, Medizinische Universität Wien

Aufgrund der Verbesserungen in der Versorgung von schwerkranken, intensivpflichtigen Patienten ist die Überlebensrate auf der Intensivstation (ICU) in den letzten Jahren gestiegen. Der Bedarf hinsichtlich intensiver Pflege, aber auch hinsichtlich intensiver Betreuung seitens der PMR ist dadurch ebenfalls deutlich gewachsen. Nicht nur das Überleben an und für sich, sondern das in welchem körperlichen und geistigen Zustand und mit welchen Einschränkungen der Patient auf die Normalstation transferiert werden kann, ist nun um so mehr ein wichtiger Punkt in der Betreuung von ICU-Patienten. Zu einem Großteil dieser Punkte kann die PMR einen entscheidenden Beitrag leisten. Der frühzeitige Beginn der Behandlung und die richtige, eventuell auch multimodale Zusammensetzung des Therapieprogrammes sind für eine positive Entwicklung mitentscheidend.

Die aufgrund der Immobilität, des katabolen Energiezustandes und eventuell auch aufgrund von Medikamenten entwickelte Muskelschwäche ist ein häufig auftretendes Problem auf der ICU. Es kann dadurch zu einer verlängerten Beatmungsdauer und damit auch zu einer verlängerten Rehabilitation auf der ICU kommen. Weiters konnte ein Zusammenhang zwischen der Ausprägung der Muskelschwäche und der Krankenhausaufenthaltsdauer in der Literatur gezeigt werden. Sogar Jahre nach der Entlassung werden weiter bestehende funktionelle und kognitive Einschränkungen sowie psychologische Probleme beschrieben. Diese Einschränkungen sowie ein Teil der möglichen Auslöser können im Rahmen der PMR-Betreuung gut behandelt werden.

Die Notwendigkeit und Sicherheit der Durchführung eines frühzeitigen Beginns im Sinne einer Frührehabilitation wurde in Studien bestätigt. Atemtherapie, Mobilisierung und Bewegungstherapie inklusiver Kräftigungsübungen sollten baldest möglich entsprechend der Klinik des Patienten eingesetzt werden. In Studien konnte durch den frühzeitigen Beginn der rehabilitativen Maßnahmen eine Reduktion der Beatmungstage, eine verkürzte Liegedauer an der ICU und auch im Krankenhaus insgesamt, sowie ein verbesserter funktioneller Outcome bei Entlassung gezeigt werden. Bei intensiv zu betreuenden Patienten können ergänzend ergotherapeutische Maßnahmen wie Funktionstraining und Wahrnehmungstraining angewendet werden. Zur Reduktion des Muskelabbaus und zum Erhalt der Muskelmasse und der Muskelkraft kann Elektrostimulation eingesetzt werden. Weitere Therapieoptionen sind die Bandagierung, Lymphdrainage, ADL-Training, Hilfsmittelversorgung – um nur einige zu nennen. Empfehlungen hinsichtlich der Dauer, Intensität und Frequenz der Therapiemaßnahmen sind in der Literatur nur sehr spärlich vorhanden. Eine enge Zusammenarbeit von allen beteiligten Berufsgruppen inklusive gemeinsamer Besprechungen – von vor allem intensiv zu betreuenden Patienten – ist essenziel für eine adäquate Frührehabilitation an der ICU.

Ein entscheidender Punkt in der Betreuung dieser Patienten ist sicherlich auch die konsequente Fortsetzung der Behandlung auf der Normalstation. Aufgrund von eingeschränkten Ressourcen besteht jedoch oftmals eine deutlich reduzierte Möglichkeit dieser intensiven, oftmals multimodalen, Betreuung.