Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P499
DOI: 10.1055/s-0036-1593193

Heim-Hämodialyse in der Schwangerschaft – viel hilft viel?

A Semmlinger 1, U Schönermarck 2, RP Kuhnt 3, M Delius 1, C Hübener 1, S Hecht 1, S Mahner 1, U Hasbargen 1, C Deppe 1
  • 1Klinikum der LMU München, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, München, Deutschland
  • 2Klinikum der LMU München, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, Nephrologisches Zentrum, München, Deutschland
  • 3KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V., KfH-Nierenzentrum München-Schwabing, München, Deutschland

Zielsetzung: Die erste erfolgreiche Schwangerschaft unter Hämodialyse wurde 1970 beschrieben. Die Fertilität von Dialysepatientinnen ist beeinträchtigt, Schwangerschaften sind selten. Kommt es zu einer Schwangerschaft, ist diese aufgrund der hohen Komplikationsrate als Hochrisikogravidität zu betrachten. Wir berichten von der erfolgreichen Betreuung einer Schwangeren mit dialysepflichtiger Niereninsuffizienz.

Material: Die 36-jährige Erstgravida hatte 2001 im Rahmen einer Pankreatitis als ERCP-Komplikation ein Multiorganversagen erlitten. Als Residuum besteht eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz; zwei Transplantationsversuche waren erfolglos gewesen. Die Patientin führt – wie ihr ebenfalls dialysepflichtiger Partner (Grunderkrankung M. Fabry) – eine Heim-Hämodialyse durch. Sie wurde spontan schwanger.

Ergebnisse: Bei Erstvorstellung bei 9+2 SSW wurde die Patientin ausführlich perinatologisch und nephrologisch beraten und im Verlauf engmaschig interdisziplinär betreut. Bereits im 1. Trimenon wurden Heim-Hämodialyse-Frequenz und -Dauer von 3 × 3 – 4 Std/Woche auf 6 × 5 Std/Woche gesteigert. Unter dieser deutlich erhöhten Dialysedosis blieben die maternalen Parameter stabil, die fetale Entwicklung war zeitgerecht. Die Patientin benötigte bei reaktivierter Panikstörung eine engmaschige psychologische Unterstützung. Die notwendigen Medikationen wurden an Dialyse-Dosierungen angepasst. Bei 38+4 SSW gebar sie nach endogenem Geburtsbeginn spontan (Mädchen, 3110 g, pH 7,35). Nach einmaliger Klinikdialyse 12 Stunden postpartal konnten Mutter und Kind am Folgetag nach Hause entlassen werden.

Zusammenfassung: Schwangerschaften bei dialysepflichtiger Niereninsuffizienz sind mit zahlreichen Komplikationen assoziiert: Die publizierte Frühgeburtsrate liegt bei 75%, 15% der Frauen entwickeln eine Präeklampsie, das mittlere Geburtsgewicht liegt bei 1700 g. Unter Intensivierung der Dialyse ist eine Reduktion der Komplikationsrate beschrieben. Durch disziplinierte Verdreifachung ihrer Dialysedauer konnte unsere Patientin ihre Schwangerschaft unter engmaschiger nephrologischer und geburtshilflicher Kontrolle ohne Komplikationen bis in Terminnähe austragen und spontan gebären.