Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P190
DOI: 10.1055/s-0036-1593053

Intraabdominelles Seminom bei einer Patientin mit kompletter Androgenresistenz

K Wimmer 1, 2, A Rody 1, A Merseburger 2, X Guo 2, L Wünsch 3, W Birnbaum 4, L Marshall 4, O Hiort 4
  • 1UKSH Lübeck, Gynäkologie und Geburtshilfe, Lübeck, Deutschland
  • 2UKSH Lübeck, Urologie, Lübeck, Deutschland
  • 3UKSH Lübeck, Klinik für Kinderchirurgie, Lübeck, Deutschland
  • 4UKSH Lübeck, Sektion für Pädiatrische Endokrinologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Lübeck, Deutschland

Die komplette Androgenresistenz (Complete Androgen Insensitivity Syndrome, CAIS) wird den Störungen der Geschlechtsentwicklung zugeordnet (Disorders of Sex Development, DSD), welche durch Abweichungen zwischen chromosomalem, gonadalem und phänotypischem Geschlecht gekennzeichnet sind. Beim CAIS entwickeln sich Kinder bei 46/XY Karyotyp äußerlich komplett weiblich, die Gonaden sind als Hoden ausgebildet und sezernieren hohe Mengen an Testosteron. Da die AMH-Bildung (Anti-Müller-Hormon) in den Hoden ungestört verläuft, bilden sich die Müller'schen Gangderivate zurück, so dass weder Uterus noch Tuben vorliegen. Die Vaginalanlage, die unterschiedlich ausgeprägt ist, endet blind. Mit Eintritt in die Pubertät wird das durch den Rezeptordefekt an den Effektororganen unwirksame Testosteron peripher in Östradiol umgewandelt, wodurch wiederum die Ausbildung weiblicher Körperformen und Brustentwicklung initiiert werden, früher auch testikuläre Feminisierung genannt. Der Androgeneffekt zur Ausbildung männlicher Geschlechtsmerkmale bleibt aufgrund des Rezeptordefektes aus, Achsel- und Genitalbehaarung sind spärlich oder fehlen. Aufgrund des äußerlich weiblichen Phänotyps sind Geschlechtsidentität und Sozialisierung weiblich.

Das CAIS wird durch X-chromosomal-rezessive Mutationen im Androgenrezeptor-Gen vererbt und ist mit einem erhöhten Keimzelltumorrisiko vergesellschaftet. Typischerweise befinden sich bei den Betroffenen die Gonaden entweder im Bereich der Leisten, der Labien oder intraabdominal. Die Varianz der Angaben über Tumorinzidenzen bei CAIS-Patienten ist in vielen diversen Studien sehr groß und reicht von 3,5% bis zu 33%. Im Folgenden wurden betroffene Mädchen nach Diagnosestellung des CAIS gonadektomiert, so dass invasive Neoplasien nur noch selten entstanden.

Bisher wurden nur wenige Fälle einer intraabdominellen Seminombildung publiziert. Wir berichten von eben solch einem Fall bei einer jungen Patientin mit CAIS im Rahmen unserer interdisziplinären DSD-Arbeitgruppe aus unserer Klinik.