Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P127
DOI: 10.1055/s-0036-1593014

Prädiktive BRCA1/2-Gendiagnostik auf der Basis von Gewebeanalysen

K Keupp 1, J Kirfel 2, J Köhler 1, S Kröber 1, P Nürnberg 3, K Rhiem 1, B Wappenschmidt 1, R Schmutzler 1
  • 1Zentrum Familiärer Brust-und Eierstockkrebs, Köln, Deutschland
  • 2Institut für Pathologie, Bonn, Deutschland
  • 3Cologne Center for Genomics, Köln, Deutschland

Zielsetzung: Bisher konnte keine aussagekräftige prädiktive BRCA1/2-Genanalyse in Familien ohne lebenden Indexfall angeboten werden. Mit Einführung des Next-Generation-Sequencings (NGS) ist eine Hochdurchsatz-Mutationsanalyse in Formalin-fixierten-Paraffin-eingebetteten (FFPE)-Gewebe in einem parallelen Sequenzierverfahren möglich geworden.

Materialien/Methoden: Aus einer Hochrisikofamilie, bei der alle Erkrankten bereits verstorben waren, kam eine gesunde Ratsuchende zur genetischen Beratung. Da von der Mutter der Ratsuchenden noch FFPE-Gewebe von einer Ovarialkarzinom-Operation zur Verfügung stand, wurde aus dem vorliegenden Gewebe DNA extrahiert und zur NGS-Analyse sowie anschließenden Sanger Sequenzierungen verwendet.

Ergebnisse: Im Normalgewebe der Indexpatientin konnte die pathogene Mutation c.5266dupC, p.Gln1756Profs*74 im BRCA1-Gen als heterozygote Keimbahnmutation identifiziert werden. Die allele-read-frequency von 75% im Tumorgewebe deutete auf einen Verlust des WT-Allels (loss of heterozygosity) hin. Dies konnte mittels anschließender Sanger-Sequenzierung bestätigt werden.

Zusammenfassung: Am Beispiel dieser Familie konnten wir zeigen, dass die Genanalyse an FFPE-Material den Nachweis kausaler Keimbahnmutationen verstorbener Indexpatienten erlaubt, um eine prädiktive Testung gesunder Ratsuchender in solchen Fällen zu ermöglichen. Von besonderer Wichtigkeit ist hierbei eine genaue Abgrenzung des Normalgewebes vom Tumorgewebe durch den Pathologen, um eindeutig zwischen Keimbahn- und somatischer Mutation unterscheiden zu können. Nur hierdurch ist eine Entlastung der Ratsuchenden bei positivem Index und negativen prädiktivem Befund prinzipiell möglich. Ein noch ungelöstes rechtliches Problem dieses zielführenden Vorgehens stellen die Eigentumsverhältnisse dar, da prozessiertes Gewebematerial Eigentum des Krankenhauses und nicht des Patienten bzw. dessen Verwandten ist.