Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P031
DOI: 10.1055/s-0036-1592969

Intensiviertes Früherkennungs- und Nachsorgeprogramm oder prophylaktische Operation? Entscheidungen von Frauen aus Familien mit familiärem Brust- und Eierstockkrebs

L Vetter 1, M Keller 2, T Bruckner 3, N Dikow 4, M Golatta 1, C Sohn 1, J Heil 1, S Schott 1
  • 1Universitätsfrauenklinik, Heidelberg, Deutschland
  • 2Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Heidelberg, Deutschland
  • 3Medizinische Biometrie und Infomatik, Heidelberg, Deutschland
  • 4Institut für Humangenetik, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: 5 – 10% der Mamma- und 20% der Ovarialkarzinomerkrankungen sind genetisch bedingt. Im Rahmen des interdisziplinären Betreuungskonzepts werden Ratsuchenden je nach Risikokonstellation intensivierte Untersuchungen (IFNP) und/oder prophylaktische Operationen angeboten. Wenig ist bekannt über die langfristige Adhärenz zu den empfohlenen Beratungsinhalten, die diese Studie erfasst.

Methode: Einen 47 item Fragebogen erhielten 925 Ratsuchenden, die diese interdisziplinäre Sprechstunde zwischen 1.7.2009 – 1.7.2011 wahrnahmen. Dieser erfasst ihre Belastung der erblichen Tumorerkrankung, Risiko-/Bedrohlichkeitswahrnehmung, Inanspruchnahme des IFNPs und/oder prophylaktische Operationen sowie Gründe für abweichendes Verhalten.

Ergebnisse: Von 925 Ratsuchenden konnte von 84% der heutige Verbleib ausfindig gemacht werden. In einer Kohorte von 612 Ratsuchenden (davon 322 an Mammakarzinom und/oder Ovarialkarzinom erkrankt) erhielten 400 Frauen die Empfehlung zur Teilnahme am IFNP. Von ihnen gaben 237 (59%) an, wie empfohlen teilzunehmen und 59 Frauen (15%) entschieden sich für eine prophylaktische Mastektomie. Davon waren 46% BRCA1/2-Mutationsträgerinnen. Die übrigen Personen mit Empfehlung zur IFNP-Teilnahme organisieren sich die Untersuchungen heimatnah (12%) selbst oder geben an, keine Untersuchungen wahrzunehmen (22%).

Für eine prophylaktische Salpingoovarektomie entschieden sich 72 Frauen (18%). Die Hälfte von ihnen war Trägerin einen pathogenen BRCA1/2-Mutation und 29% waren keine Muationsträgerinnen. Insgesamt 47 BRCA-Mutationsträgerinnen (davon 15 Frauen, die weder an Mamma- noch Ovarialkarzinom erkrankt sind) entschieden sich gegen eine prophylaktische Salpingoovarektomie.

Ausblick: Für ein weiteres Verständnis wären Erhebungen anderer Zentren sowie prospektive Studien wünschenswert. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass genetische Testungen mehr und mehr angeboten werden und auch die Interpretation von Panelergebnissen jenseits von BRCA diffizile Beratungsinhalte mit sich bringen, die einen klaren Algorithmus fordern.