Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P482
DOI: 10.1055/s-0036-1592908

Fetale Mikrognathie und Spaltbildung des Gaumens – Ein Appell zur dreidimensionalen Beurteilung der kraniofazialen Anatomie

M Gembicki 1, D Hartge 1, J Weichert 1
  • 1Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, UKSH, Campus Lübeck, Pränatalmedizin, Lübeck, Deutschland

Die Beurteilung der engen Beziehung zwischen Mikrognathie und isolierter Gaumenspalte bei Feten – Fallserie und Literaturreview.

Wir präsentieren zwei Fälle mit deutlicher Mikrognathie und zusätzlicher Gaumenspalte, welche im zweiten Trimester diagnostiziert worden sind. Zudem wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt (PubMed).

Die Beurteilung der knöchernen kraniofazialen Strukturen unter Gebrauch dreidimensionaler Sonografie ergab in beiden Fällen eine zusätzliche Spaltbildung des Gaumens. Aufgrund der gestörten Anatomie bei Mikrognathie fehlen zuverlässige Marker zur Detektion von Spaltbildungen im konventionellen B-Bild. Die dreidimensionale Sonografie stellt eine hervorragende Möglichkeit zur Beurteilung des Gaumens dar. Beide Feten wurden wiederholten sonographischen Untersuchungen unterzogen, um das Risiko potentieller Atemwegsobstruktionen und eine möglicherweise nötige EXIT-Prozedur abzuschätzen. Parallel fand eine interdisziplinäre Beratung der Eltern statt. Nach unkompliziertem Spontanpartus mussten beide Neugeborenen aufgrund von Atemwegskomplikationen pädiatrisch betreut werden. Zusätzlich wurde in beiden Fällen ein MKG-Chirurg zur weiteren Versorgung der Gaumenspalte hinzugezogen. Eine Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Mikrognathie und Gaumenspalte kann aufgrund der verfügbaren Literatur angenommen werden.

Abb. 1: Gaumen a) antenatal b) postnatal

Vorliegende Fälle und Literaturrecherche illustrieren klar, dass bei antenataler Diagnose eines fliehenden Kinns die detaillierte Untersuchung der Integrität des harten und weichen Gaumens aufgrund möglicher zusätzlicher Spaltbildung durchgeführt werden sollte. Wir empfehlen hierfür den Einsatz der dreidimensionalen Sonografie. Die antenatale Beratung der Eltern sollte die genannten Aspekte berücksichtigen.