Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P187
DOI: 10.1055/s-0036-1592752

„Medizinische Akutversorgung nach Vergewaltigung“ – ein Modellprojekt für die Stärkung der medizinischen Versorgungsstruktur

HL Graß 1, S Pilz 2, A Wagner 3
  • 1Universitätsklinikum Düsseldorf, Institut für Rechtsmedizin, Düsseldorf, Deutschland
  • 2Klinikum Höchst, Gynäkologie und Geburtshilfe, Frankfurt, Deutschland
  • 3Frauennotruf Frankfurt, Frankfurt, Deutschland

Die medizinische Versorgung und ganzheitliche Betreuung von Frauen nach einem sexuellen Gewaltgeschehen stellt die Akteurinnen und Akteure immer wieder vor besondere Herausforderungen. Neben der Individualität jeder Patientin kommen Belastungen durch einen Kontakt außerhalb der Regelversorgungszeiten ebenso hinzu wie fehlende Routine bezüglich besonderer Vorgehensweisen z.B. in der Spurensicherung. Zusätzlich ist beachtlich, dass eine rechtsverwertbare Spurensicherung oft nur im Kontext mit einer rechtzeitigen polizeilichen Anzeigenerstattung erfolgt, viele Frauen nach einem sexuellen Übergriff aber nicht so rasch die Entscheidung zur Anzeige treffen können.

Das 2013 bestartete Frankfurter Modell setzt genau an diesen Herausforderungen an und verknüpft gebahnte medizinische Notfall-Versorgungsstrukturen mit etablierten Handlungshilfen als auch mit neuen Angeboten bezüglich der Spurensicherung.

Die Kernbereiche des Modells umfassen intensive Öffentlichkeitsarbeit, handlungsorientierte Schulung sowie Arbeitsmaterialien für die klinischen Akteure/innen in Verbindung mit einer Vernetzung zwischen Kliniken, lokalen psychosozialen Hilfesystem und den Rechtsmedizinischen Strukturen.

Erste Inanspruchnahme-Erhebungen sowie Rückmeldungen von Seiten der klinischen Akteure/innen und aus der Öffentlichkeit weisen auf eine gute Akzeptanz des neuen Angebots hin: Frauen finden nach sexueller Gewalt den Weg in medizinische Versorgung; klinische Akteure fühlen sich besser gerüstet. Das Modell ist bereits zur Übernahme von anderen Städten und Kommunen angefragt.

Mit dem Frankfurter Modell liegt ein Konzept zur Verbesserung der Versorgung nach einem sexuellen Übergriff vor, mit dem auf der Grundlage regionaler Strukturen in Verbindung mit zielgerichteter Vernetzung, Schulung und Sachmittelbereitstellung nicht nur Gesundheit sondern auch Rechtswege gesichert werden können.